Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 44

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Ich möchte sagen, was ich glaube, daß die Österreicher und Österreicherinnen wollen: Sie wollen, daß ihre Interessen vertreten werden, daß die Lage verbessert und die Probleme gelöst werden. Sie wollen keinen internen Streit und kein Hickhack, sondern Zusammenarbeit und das Ziehen an einem Strang. Sie wollen das vehemente Anstreben gesteckter Ziele in angemessenen Entscheidungsfristen.

Bundeskanzler Klima hat gesagt, daß Detailpunkte der letzten Regierungserklärung weiterhin gültig sind. Das muß man in die vorliegende Regierungserklärung noch miteinbeziehen.

Ich nenne einige dieser Punkte, die mir besonders wichtig erscheinen. Es ist wichtig, das Budgetdefizit in kontrollierbare Bahnen zu lenken und in jene Richtung zu entwickeln, die den Eintritt in die Europäische Währungsunion ermöglicht. – Vergleichen Sie bitte die Probleme der anderen EU-Staaten auf dem Weg in die Währungsunion mit der österreichischen Situation. Ich glaube, diese Vergleiche sind notwendig und wichtig.

Die Länder, Städte und Gemeinden konnten bei der Finanzplanung miteinbezogen werden. Das war wahrlich keine leichte Aufgabe! Trotz Kritik und Abwehrhaltung kam ein Konsultationsmechanismus zustande, dem die Bundesländer, die uns in den Bundesrat entsenden, zustimmten – und dies trotz mancher Bedenken der Legislative.

Zum Punkt Beschäftigungssicherung möchte ich sagen, daß es kein detailliertes und überall wirksames Rezept gibt. Aber die Bemühungen und Erfolge, die sich durch Firmenansiedlungen und Firmengründungen schon abzeichnen, werden durch die grundsätzliche Aussage in der Regierungserklärung unterstützt. (Bundesrat Dr. Tremmel: 300 000 Arbeitslose!)

Herr Dr. Tremmel! Es kommt immer die Frage: Wie viele Arbeitsplätze hat dies oder jenes gebracht? (Bundesrat Dr. Tremmel: 300 000 Arbeitslose!) Ich gebe jedem den Rat, keine konkrete Zahl zu nennen, weil tagtäglich Arbeitsplätze verlorengehen, aber auch tagtäglich neue geschaffen werden. Kehren wir doch die Frage einmal um: Wie viele Arbeitsplätze wären ohne diese oder jene Maßnahme, ohne diese oder jene Entwicklung, die gefördert wurde, noch zusätzlich verlorengegangen? – Beide Zahlen lassen sich natürlich im nachhinein schwer verifizieren. Tatsache ist aber, daß wir insgesamt eine stabile Beschäftigtenanzahl haben und sich auch andere Ursachen – ich komme noch darauf zurück, welche – statistisch auswirken.

Bedenken wir nur etwa – besonders hinsichtlich der Statistik –, wie viele Frauen in den letzten 20 Jahren erstmalig in den Arbeitsprozeß eingetreten sind. Diese Frauen haben früher deshalb nicht als Arbeitslose gegolten, weil sie schlicht und einfach unter der Berufsbezeichnung "Hausfrau" in den Bögen der Volkszählung geführt wurden. Heute werden diese Frauen, wenn sie arbeitslos werden, als Arbeitslose mitgezählt. Das möchte ich nur in bezug auf die Statistik feststellen, ohne irgendeine Wertung vorzunehmen.

Die Art der Finanzierung der Spitäler wurde umgestellt. All das ist freilich noch nicht erledigt. Die Umsetzung beginnt gerade jetzt wirksam zu werden, die enorme Arbeit der Durchführung muß bewältigt werden.

Zum Problem Gewalt in der Familie: Es ist zu hoffen, daß die Situation durch gesetzliche Grundlagen einer Verbesserung zugeführt werden kann.

Trotz hohen Wohlstands – Österreich ist ein reiches Land – wächst die Armut. Die Schere zwischen Wohlstand und Armut scheint sich weiter zu öffnen. Es müssen daher auch jene, die es sich leisten können, einen Beitrag zur Gesamtverbesserung leisten. Das heißt nun nicht, daß den – unter Anführungszeichen – "Reichen" und "Tüchtigen" etwas weggenommen werden sollte – damit hier ja nichts falsch interpretiert wird! Es kann mir aber niemand weismachen, daß all jene, die auf dem unteren Ende der Einkommens- und Pensionsskala liegen, Sozialschmarotzer und Faulpelze seien und einzig und allein selbst die Schuld an ihrer Lage hätten. Zu diesem Umdenken beizutragen, ist auch eine Sache unserer Gesellschaft.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß jetzt das Liberale Forum ein garantiertes Mindesteinkommen, und zwar auch ohne Arbeit, für jeden oder jede fordert. Früher hat man solche


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