Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 63

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Damen und Herren! Maastricht ist mir kein Anliegen. Das ist ein papierenes Gebilde, das unmenschlich ist.

Im britischen Oberhaus kam vor wenigen Tagen eine persönliche Vorlage zur Abstimmung, welche besagt, die Römer Verträge gehören zerschnipselt. Das ist leider nicht Gesetz geworden.

Es werden weiters hier die Freude und der Spaß am Leben und am Lernen erwähnt. Ich glaube, diese Zusammensetzung, einerseits der Mut, den die Regierung haben will und den sie den Österreichern zumutet, und andererseits der Spaß am Leben, ist vielleicht ein gewagter Sprung.

Spaß am Lernen ist prima, vom Entrümpeln der Lehrpläne hören wir seit 20 Jahren, das ist auch so ein Füllsel, aber der Jugend das Recht auf Ausbildung zu sichern, finde ich eine gute Sache. Es fehlt nur noch ein Wort dabei: Auch Pflicht gehört dazu. Denn im ganzen Spaß und im ganzen Recht kommt das Wort Pflicht nicht mehr vor. Von einer Bevölkerung, der man wohl Mut zumutet, von einer Bevölkerung, der man von oben den Sparefroh auferlegt, der man aber nicht sagt, daß sie auch ein paar Pflichten zu erfüllen hat, von einer auszubildenden Bevölkerung, der man auf Staatskosten – sehr wohl mit Steuergeldern erwirtschaftete Staatskosten – die Bildung ermöglicht, muß man auch erwarten können, daß sie die Pflicht des Lernens auf sich nimmt, denn sonst ist das ein sehr einseitiges Gebilde und trägt dazu bei, daß dieses Modell ein Auslaufmodell wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es werden erfreulicherweise der Bevölkerung auch konkrete Modelle angeboten, die die Alterssicherung in der Zukunft vorgeben sollen. Jetzt möchte ich einmal wissen, was ein konkretes Modell ist. Ist das Modell lebensgroß? Oder ist es kein konkretes Modell? Ist es vielleicht 1: 10 000 oder 1: 5? – Ich weiß es nicht. Mit Worthülsen wird hier eine gute Absicht der Regierung vorgetäuscht, die man, wenn man sie sich im Munde zergehen läßt, eigentlich nur mit Hohn betrachten kann, denn konkrete Modelle als Zukunftssicherung anzubieten, das hätten sich andere auch noch nicht getraut. Daher müßte man sagen: nicht bestanden! Treten Sie noch einmal an! Ein konkretes Modell kann man nicht anbieten. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. – Bundesrat Kone#ny: Wer, Kollege Gudenus?)

Es wird ein Unsicherheitsgefühl in der österreichischen Bevölkerung angeführt. Ob dieser konkreten Modelle, meine Damen und Herren, ob des erforderten Mutes, den die Bevölkerung haben soll, ob des Sparefrohs, den sie auf sich laden soll, stellt sich für mich wirklich nicht die Frage, warum die Bevölkerung ein gewisses Maß an Unsicherheit aufweist und sich beunruhigt fühlt. Es ist eben nicht so, daß man die Freude am Leben dekretieren kann. Die Bevölkerung bekommt es sehr wohl mit, wenn die Regierung meint, mit Sprechblasen Zukunftssicherung betreiben zu können.

Dazu zählt unter anderem auch der Umbau des Hoheitsstaates zum Dienstleistungsstaat. Was haben wir denn bislang in den letzten 50 Jahren gemacht? – Da wurde Gesetz über Gesetz hinausgepulvert, wir haben fleißig dazu beigetragen und meinten, daß wir mit dieser Menge an Gesetzen, die wir jährlich machen – es sind ja Tausende Seiten geworden in den letzten Jahren –, den Hoheitsstaat bekommen.

Wie wollen Sie denn das machen, meine Damen und Herren? Wie wollen Sie diesen frommen Wunsch umsetzen, zum Dienstleistungsstaat zu werden? Abgesehen davon verträgt sich dieses Ansinnen doch bei weitem nicht mit Ihrer Absicht, Österreich als Unterstaat in die Europäische Union einzugliedern, bar jeder staatlichen Befugnis.

Immerhin wird auch der Europäischen Union eine große Rolle zugedacht. "Es ist das erfolgreichste Projekt zur Sicherung der wirtschaftlichen und politischen Stabilität." – Ich kann nur sagen: Mut hat die Regierung, das zu behaupten.

Dieses kurze Sample von wenigen Jahren – wir sind jetzt zwei Jahre dabei; die EU als solche ist ein wachsendes Organ, von dem man noch nicht weiß, was es ist – als erfolgreichstes Projekt zur Sicherung der wirtschaftlichen und politischen Stabilität darzustellen, ist sicherlich die Absicht der Regierung. Ich gebe zu, sie hat die Absicht, aber ob es so kommt, das werden erst


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