Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 107

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gesetzes und Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes einen Kompromiß mit dem Koalitionspartner darstellen und deshalb nicht den Idealvorstellungen sozialdemokratischer Wohnungspolitik entsprechen können. Aufgrund bisheriger Erfahrungen in den seit Jahren erfolglosen Bemühungen auf dem Gebiet des Wohnrechtes, Detailprobleme durch immer neue Regelungen in den Griff zu bekommen, muß ich der Effizienz der gegenständlichen Novelle in der Praxis leider mit gehöriger Skepsis entgegenblicken. Ich muß allerdings auch dazu sagen, daß es auch in der SPÖ-Alleinregierung nicht möglich war, sozialdemokratische Grundsätze und Vorstellungen betreffend das Wohnrecht umzusetzen.

Warum ich dennoch diese Änderungen begrüße, kann ich mit einer wesentlichen Verbesserung für die Mieter gegenüber der gegenwärtigen rechtlichen Stellung begründen. Sie wissen, daß der durch das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz neu geschaffene Fristvertragstyp lediglich eine Mietdauer von drei Jahren kennt und keine befristete Verlängerungsmöglichkeit zuläßt. Angesichts der Vorbehalte vieler Vermieter gegen unbefristete Mietverhältnisse hätte dies ohne gesetzgeberisches Einschreiten ab März dieses Jahres für viele Mieter den Verlust ihrer Wohnung zur Folge gehabt.

Erinnern wir uns zurück an die bis zum 1. März 1994 gültige Regelung, nach welcher es bis dahin eine ständig zunehmende Zahl von Halbjahres- und Jahresverträgen gab. Dies führte in fast allen Ballungsräumen, insbesondere aber in Wien, zu Wohnungsspekulation, zur Entstehung von Massenquartieren und zur Ausbeutung der schlimmsten Art, wobei insbesondere jene Menschen unter die Räder kamen, die ihrer sozialen Stellung nach ohnehin schon benachteiligt waren.

Aufgrund dieser Umstände kam es zum 3. Wohnrechtsänderungsgesetz mit Wirkung vom 1. März 1994, wobei ein allgemeiner neuer Befristungstatbestand, der sogenannte "Drei-Jahres-Vertrag", geschaffen wurde. Leider brachte diese Regelung keine endgültige, vor allem aber auch keine zufriedenstellende Lösung des Mietrechtes mit sich. Würden wir nun vor dem 1. März dieses Jahres keine gesetzliche Änderung vorsehen, käme bei der geltenden Rechtslage von Drei-Jahres-Verträgen nur eine Beendigung mit Räumung oder eine unbefristete Verlängerung in Frage.

Wir haben gestern im Ausschuß gehört, daß das für 20 000 bis 30 000 Mieter die Beendigung ihres Mietverhältnisses bedeuten könnte. Wie von Mietervertretern bereits anläßlich der von mir vorher angeführten und 1994 beschlossenen Regelung befürchtet, wurde in der Praxis von der generellen Befristungsmöglichkeit auf drei Jahre tatsächlich wesentlich häufiger Gebrauch gemacht, als dies seinerzeit von Vertretern der Vermieter als möglich angesehen wurde. Allein in Wien werden jährlich rund 70 000 neue Mietverträge abgeschlossen, und rund 10 Prozent davon sind – leider – befristet. Wenn ich "leider befristet" sage, dann deshalb, weil ich beziehungsweise wir Sozialdemokraten allgemein nach wie vor für den unbefristeten Mietvertrag als den "Regelvertrag" eintreten.

Nur ein unbefristeter Mietvertrag bietet dem Mieter tatsächliche Sicherheit und Schutz. Der Mieter selbst braucht keine Befristung, er kann das Mietverhältnis beenden, wann immer er will, und dies bringt, entgegen anders lautenden Erklärungen, auch für den Vermieter keine Nachteile. Befristete Verträge soll es daher nach meiner Auffassung – abgesehen von den bisherigen Ausnahmen beim Einfamilienhaus oder bei der Einzel-Eigentumswohnung – im Zinshaus nur bei sachlich gerechtfertigten Tatbeständen geben. Solche sind Eigenbedarf in absehbarer Zeit oder Zwischennutzung vor umfassender Wohnhaussanierung. In diesen sachlich begründeten Fällen von Befristungen soll es auch keine Abschläge bei der Mietzinsberechnung geben. Dies hätte insbesondere in sanierungsbedürftigen Althäusern Vorteile durch eine höhere Mietzinsreserve.

Befristungsregelungen dienten bisher ausschließlich dem Nutzen des Vermieters und gingen immer zu Lasten des Mieters. Meiner Einschätzung nach hat nämlich noch kein Vermieter bei Auflösung eines unbefristeten Vertrages seine Wohnung unter dem bisher vereinnahmten Mietzins vermietet.


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