Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 137

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Diese Zahlen beziehen sich auf den kommunalen und nicht auf den industriellen Bereich, das möchte ich anmerken. Im industriellen Bereich wird natürlich der übergroße Teil verbrannt und fast nichts landwirtschaftlich ausgebracht und nur ein Teil auf Deponien gelagert beziehungsweise die Asche von der Verbrennung gelagert.

Die Vorteile von landwirtschaftlicher Ausbringung im Zuge einer vernünftigen Kreislaufwirtschaft bestehen sicherlich darin, daß in dem Klärschlamm Nährstoffe wie Phosphor, Stickstoff und auch organische Substanzen für den Humusaufbau enthalten sind. Die Nachteile sind sicherlich die potentiellen Schadstoffe für Boden, Grundwasser und auch für die Nahrungsmittel, die in landwirtschaftlichen Betrieben erzeugt werden.

Faktum ist jedenfalls, daß die Menge des Klärschlammes weiter ansteigt und wir derzeit einen Anfall von Klärschlamm in der Höhe von 186 000 Tonnen Trockensubstanz im kommunalen Bereich und von zirka 130 000 Tonnen im Industriebereich haben. Der ständige Anstieg von Klärschlamm resultiert natürlich auch daraus, daß immer wieder ein höherer Anschlußgrad zustande kommt und eine stärkere Zunahme der Phosphatfällung vom Gesetz her gefordert wird. Wir wissen, daß aufgrund einer Phosphatfällung 20 bis 25 Prozent mehr Schlamm anfällt.

Im Gegenzug nimmt die landwirtschaftliche Verwertung immer mehr ab. Dazu können wir auch ganz klar und deutlich die Probleme und die Kriterien aufzählen. Wir haben Klärschlammverordnungen, die in Länderkompetenz sind, laut denen an und für sich – vom Gesetz her – bis zu 2,5 Tonnen pro Hektar möglich wären, jedoch haben wir seit dem EU-Beitritt ein ÖPUL-Programm, außerdem gilt ein Düngemittelgesetz, wonach fast alle Düngemittel "gestrichen" sind. Aufgrund dieses ÖPUL-Programmes ist eine Ausbringung auf landwirtschaftlichen Böden in der Art und Weise, wie wir sie bisher gehabt haben, nicht mehr möglich.

Ich trete eindeutig auf die Seite der Bauern und sage mit aller Vehemenz: Solange keine Garantie für die Bauern vorhanden ist, daß sie in Zukunft abgesichert sind, speziell im Bereich von Schadstoffen, so lange können wir nicht verlangen, daß die Bauern dieses Problem alleine bewältigen.

In Niederösterreich gibt es schon ein Modell, einen Stiftungsfonds, der für aufgetretene Schäden aufkommen soll. Ich glaube aber, bevor hier keine gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen sind, kann man sich nicht eindeutig darauf verlassen, daß man sagt, die Bauern sollen das in Zukunft für uns übernehmen, speziell in einer Phase, in der wir im Nahrungsmittelbereich immer wieder – ob durch die BSE-Krise oder durch Genmanipulation – den Konsumenten verunsichern, der jedoch Anspruch auf gesunde Nahrungsmittel ohne Rückstände hat. Die Gefahr liegt eindeutig auf der Hand, ich habe es schon angesprochen: Es sind die Schwermetalle. Wir wissen, daß Blei, Kadmium, Quecksilber, Kupfer, Zink, Molybdän enthalten sind. Die Grenzwerte sind zwar von Bundesland zu Bundesland verschieden, letztendlich ist es jedoch so, daß wir aufgrund der Untersuchungen nie wirklich aussagekräftig sagen können – wir können nie 100prozentig garantieren –, daß es keine Rückstände in den Nahrungsmitteln geben wird.

In den Kommunen gibt es weiterhin Quellen, bei denen diese Schwermetalle anfallen werden. Wir werden also diese Bereiche nicht wegbringen können. In der Industrie wäre es möglich, indem man verschiedene Stoffe verbieten könnte. Bei den Gemeinden ist dies nicht möglich, es sind die einzelnen Haushalte beziehungsweise die Waschmittel, Seifen, Haarshampoos, die dazu führen, daß das Abwasser verschmutzt wird. Ich spreche nur von den Tensiden, die auch zum Fischsterben führen, und von den Autoabgasen – Zink, Quecksilber, Blei –, die letztendlich auch im Oberflächenwasser landen.

Aus Sicht der Landwirtschaft ist also eine Ausbringung nur unter einer Absicherung möglich. Außerdem ist es ein bißchen viel verlangt, in Zeiten, in denen ein akutes Bauernsterben stattfindet, auf diese Berufsgruppe zurückzugreifen und zu sagen: Dafür seid ihr uns gut genug, das sollt ihr machen, weil ihr seid ja doch noch vorhanden, und irgendwie werden wir das schon lösen. Mit dieser Variante können wir Freiheitlichen uns sicherlich nicht anfreunden, und ich bin froh darüber, daß die Diskussion nicht ganz in diese Richtung geht.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite