Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 77

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Gesetzen komplizierte Materien, die etwa zwischen Sozialpartnern ausverhandelt sind, zu denen ein breiter gesellschaftlicher Konsens erzielt wurde, mit einer Zustimmung in einer parlamentarischen Körperschaft zu ratifizieren. Das ist ein gutes Stück unserer demokratischen Wirklichkeit, daß wir hier nicht rechthaberisch als Parlamentarier darauf bestehen, klüger zu sein als die Betroffenen, die untereinander einen Kompromiß finden müssen. Das nehme ich auch für diesen Fall der föderalistischen Interessenvertretung in Anspruch.

Aber lassen Sie mich noch etwas sagen, und ich muß mir jetzt dann noch kurz Ihre Anfrage zur Hand nehmen, weil Sie da auch so eines dieser starken Vokabel, die bei Ihnen so in Mode sind, verwendet haben. Ich würde mich das nie zu sagen trauen.

Sie schreiben, daß die Regierung ganz offensichtlich mit Hilfe dieser Vorlage eine Entmündigung – Entmündigung! – der Opposition beziehungsweise des Parlaments beabsichtigt, und begründen das damit, daß laut dieser Vereinbarung aufgrund einer Formel oder eines Berechnungsmodus, der nun tatsächlich vom Bundesministerium für Finanzen ausgehen soll, festgelegt werden soll, wie Mehrkosten einer entsprechenden Initiative zu berechnen sind.

Also anders ausgedrückt: Es soll einen einheitlichen Raster geben, mit Hilfe dessen man festlegt, was nun wirklich eine Initiative finanziell bewirkt. Ich nehme an, daß es dabei nicht um die verfassungsrechtliche Festlegung der Grundrechnungsarten geht, sondern um die Anwendung jenes Erfahrungsschatzes, der in vielen Jahren der Durchführung von Gesetzesbeschlüssen, von Verordnungen und ähnlichem in der Exekutive – und das bitte wirklich in der Exekutive – angesammelt wurde.

Wenn ich mir anschaue, wie selbst bei Regierungsvorlagen locker mit den Kostenschätzungen, die da am Vorblatt stehen, umgegangen wird, dann scheint mir das notwendig und unverzichtbar zu sein, weil ansonsten diese Debatte über Mehrkosten und deren Tragung überhaupt nicht geführt werden kann.

Jetzt zu einem abwesenden Redner, aber man wird ihm das wohl ausrichten. Der liebe Kollege Tremmel – aber es wurde auch in der Begründung der Anfrage darauf eingegangen – hat sich in den Oppositionsrechten eingeschränkt gesehen.

Sehen Sie, Herr Kollege, ich hätte nie gewagt, von Entmündigung zu sprechen. Aber wenn ich mir überlege, daß von den Freiheitlichen der Vorschlag gekommen ist, eine auf Dauer wirksame, jedes Jahr wirksame Steuersenkung durch die Auflösung einer Rücklage, die man einmal auflösen kann, zu bedecken, dann, so muß ich sagen, wäre ich eigentlich dafür, daß wir die Grundrechnungsarten verfassungsmäßig verankern und sie auch Initiativanträgen aufpelzen. So, wie Sie pausenlos rechnen, läßt sich mathematisch nicht rechnen, sondern nur politisch. Ich kann Ihnen Dutzende von Beispielen für diese eigenartige Mathematik vorlegen, die nach dem Motto funktionieren: Was wir Freiheitlichen einführen wollen, kostet grundsätzlich nichts. Was wir Freiheitlichen einsparen wollen, sind grundsätzlich ein paar Dutzend Milliarden.

Keine dieser Zahlen hält irgendeiner Überprüfung stand. Ich verstehe schon, daß Sie dagegen sind, daß es einen Rechnungsraster geben soll, der solche Vorschläge, wenn sie etwa in Initiativanträgen enthalten sind, nach allgemeinen Grundsätzen der Mathematik und der Rechnungsführung überprüfbar macht. Da rennen Sie ja um Ihr eigenes politisches Leiberl! Das wird Ihnen hier sozusagen weggenommen! Da verlieren Sie den Argumentationsboden unter den Füßen! Ich verstehe Ihre Erregung. (Bundesrat Dr. Tremmel: Schauen Sie, daß Sie Ihr Leiberl behalten!) Herr Kollege! Ich rede von Ihrem Argumentationsleiberl. Es mag sein, daß Sie das schon innerlich ausgezogen haben, das ist ja bei Ihnen nicht ganz deutlich zu sehen. Aber entscheidend ist, daß ab dem Moment, in dem wir eine ehrliche Waage haben, Vorschläge von allen, auch von Ihnen, mit den gleichen Gewichten gewogen werden. Ich gebe zu, davor könnte man von Ihrer Seite durchaus Angst haben.

Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Es gibt eine Initiative, über die gründlich zu reden sein wird. Wir haben diese Vorlage jetzt im Nationalrat. Der Präsident des Nationalrates hat heute mitgeteilt, daß im April eine Generaldebatte im Verfassungsausschuß des Nationalrates stattfinden soll und daß dann ein Unterausschuß eingesetzt werden wird. Der Bundesrat oder Mitglie


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