Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 89

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worden, was in dem Konsultationsmechanismus drinnen ist und was nicht. Ich sage Ihnen ehrlich: Wofür immer der Konsultationsmechanismus zuständig wird, ratifizieren müssen ihn der Nationalrat und der Bundesrat. Und das Hohe Haus wird immer mehr zu einem Ratifikationsorgan des außerparlamentarisch Vereinbarten. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Das schrieb ich schon in vielen meiner über 400 Publikationen; ich bin ja überprüfbar und zitierbar, ich geniere mich gar nicht. Das können Sie bei mir schon seit mehr als 20 Jahren nachlesen: Wir haben ein Demokratiedefizit, und wir haben eine Exekutivlastigkeit. Das dürfen wir nicht allein der EU vorwerfen, sondern das erleben wir selbst in der politischen Praxis. Und jetzt seien Sie nicht erstaunt: Ohne dieses Demokratiedefizit und diese Exekutivlastigkeit wäre die EU in der Integration noch gar nicht so weit. Denn man kann die pluralistische Demokratie nicht auf alle Ebenen übertragen und erwarten, daß etwas weitergeht. Aber: Wenn man so klein ist wie Österreich mit neun Bundesländern und 7,5 Millionen Einwohnern – vergleichen Sie das mit anderen Staaten! –, wird man sich bemühen müssen, neue Wege zu gehen. Und da glaube ich, daß es sehr gut wäre, wenn man Repräsentanten des Nationalrates und des Bundesrates an der Vorbereitung unserer Gesetzgebung zur Verabschiedung dessen, wofür sich der Konsultationsmechanismus für kompetent erachtet, mitwirken läßt. Durchs Reden kommen die Leute zusammen!

Herr Professor Böhm hat schon treffend auf die Verbindungsstelle der Bundesländer hingewiesen. Ich sage Ihnen ehrlich, manchmal habe ich, nicht, daß Sie jetzt glauben, ich bin ein Sittenstrolch oder ein verworfener Mensch, der so etwas sagt, den Eindruck, wenn über die Landeshauptmännerkonferenz geredet wird – die Landeshauptmännerkonferenz steht übrigens nicht im Verfassungsrecht und wird auch noch lange nicht drinnenstehen; ich glaube nicht, daß Kollege Fischer dafür mehr übrig hätte als ich, sie in die Verfassung aufzunehmen. Da haben wir, glaube ich, eine andere Meinung als Kollege Weiss.

Oder wenn Sie die Verbindungsstelle der Bundesländer hernehmen, die im Hintergrund versucht, eine Hötzendorff-Rolle zu gewinnen – hoffentlich mit mehr Erfolg für den Föderalismus, als der Erste Weltkrieg für Herrn von Hötzendorff ausgegangen ist. Ich darf Ihnen ehrlich sagen: Davon habe ich bisweilen den Eindruck, als würde die Freundin eines Mannes zu dessen Ehefrau gehen und sich furchtbar darüber aufregen, daß er eine zweite Freundin hat (Heiterkeit) – es gibt ja solche tragischen Fälle, und dann schluchzen beide. Tragisch wird es erst dann beim Begräbnis, wenn sie sich sehen, oder bei der Testamentseröffnung, denn da kann vielleicht eine vierte zum Zug kommen. (Heiterkeit.) – Das ist jetzt aber nicht aus meiner Lebenserfahrung geschöpft, sondern das ist die Situation, in der sich derzeit – das soll jetzt keine Anregung für die vorösterliche oder österliche Beichte und Gewissenserforschung sein – der Föderalismus befindet, es ist eine Szene der existentiellen und der konstitutionellen Form des österreichischen Föderalismus.

Ich habe darüber vor einem Jahr in der Festschrift – Ihnen bekannt, Kollege Böhm – des Kölner Rektors, Professor Klaus Stern – sie ist gerade jetzt bei Beck in München erschienen, über 40 Seiten sind von mir –, geschrieben unter dem Titel "Verfassungsrecht und Verfassungspraxis in Österreich". Ich lasse es kopieren, Sie bekommen es in Ihre Fächer. Schon vor einem Jahr habe ich darüber geschrieben! Dazu brauche ich nicht Kollegen Tomandl, sosehr ich ihn schätze; er war einmal mein Kollege, ich war schon habilitiert, er war auf dem Weg zur Habilitation. Er ist eine Koryphäe auf dem Gebiet des Arbeitsrechts.

Ich sage Ihnen: Beim Sparpaket haben die Beamten 37 Verfassungsbestimmungen drinnen gehabt. Diese hat man dann teilweise wieder herausnehmen müssen, weil es eine Unart ist, daß das Parlament Dinge beschließt, die es vom Verfassungsgerichtshof nicht überprüft haben will. Das ist doch ein Schwächezeichen! (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Es ist überhaupt eine bedauerliche Angelegenheit, wie man den österreichischen Verfassungsgerichtshof behandelt. Jetzt wird er sogar der Neidgesellschaft vorgeworfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verfassungsdienst hat schon mehrere Gutachten darüber in allen Bundesländern eingeholt. Ich nenne Kollegen Novak, Kollegen Schäffer, Kolle


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