Bundesrat Stenographisches Protokoll 624. Sitzung / Seite 40

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nicht in der Form, daß wir wieder die öffentliche Hand über Gebühr strapazieren wollen (Bundesrat Dr. Tremmel: Was denn?) , sondern daß sich die Wirtschaft an dem beteiligen soll, was der gesamten Wirtschaft zur Verfügung stehen soll. (Bundesrat Jaud: Das steht ja in der Koalitionsvereinbarung!) Ich habe hier nur einige Aussagen zitiert und keine Koalitionsvereinbarungen. Ich werde dann auch ein Papier zitieren, das von der oberösterreichischen Wirtschaftskammer und von der Arbeiterkammer gemeinsam erarbeitet wurde. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Jaud .) Ja, da gibt es Widersprüche, Herr Kollege Jaud. Beim Ausbildungsfonds sollen sich alle an den Kosten beteiligen, die von gut ausgebildeten Fachkräften, die die Wirtschaft ja fordert, profitieren.

Wenn hier im Bericht – ich mache das jetzt ein bißchen ungeordnet und bitte um Verständnis dafür, daß der Bezug zu meiner eigenen Persönlichkeit der Hintergrund hierfür ist – zum Punkt Facharbeiterbedarf und Entwicklung der Schülerzahlen von Kosten, Qualität und Sozialprestige der Lehrlingsausbildung die Rede ist, dann gibt es dazu schon einiges zu sagen. Natürlich ist auch durch die Tatsache, daß die Wirtschaft nicht mehr bereit ist, in dem Ausmaß wie früher, Lehrlinge auszubilden, weil sie auch die Qualität nicht bringt, ein Rückgang in der Lehrlingsausbildung festzustellen. Ich leugne auch nicht weg, daß die Verzahnung mit den anderen Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich der Schulausbildung eine Rolle spielt. Ich ziehe allerdings den Umkehrschluß: Was bleibt denn einem Lehrling übrig, der keine Lehrstelle findet? – Er wird dann in den schulischen Bereich ausweichen. Obwohl ich durchaus auch die umgekehrte Situation kenne und sie nicht wegleugne.

Was die Qualität der Lehrausbildung betrifft – ich bitte um Verständnis, Frau Bundesministerin, daß das nicht Ihr Part ist, sondern jener der betrieblichen Ausbildung –, müssen wir in Protokollen bei Lehrabschlußprüfungen immer wieder feststellen, daß die Ausbildungsqualität bemängelt wird, und zwar auch von den Vertretern der Wirtschaft. Und hier sind natürlich neben den schulischen Veränderungen, die auch notwendig sind, Ansätze zu tätigen.

Die Kosten betreffend möchte ich den Präsidenten der Oberösterreichischen Wirtschaftskammer und einen Vorstandsdirektor der EBG in Oberösterreich zitieren, die ganz dezidiert erklärt haben, daß sich die Ausbildungskosten über drei Lehrjahre neutral verhalten. Da mag es natürlich Differenzierungen in den einzelnen Lehrberufen geben, aber im ersten Lehrjahr kostet der Lehrling etwas, im zweiten ist er schon kostenneutral und im dritten Lehrjahr ist der Lehrling bereits ein verdienender Faktor im Unternehmen. In der Gesamtlehrzeit bleibt das also kostenneutral. – Diese Hinweise, Herr Kollege Kaufmann, müssen Sie mir schon erlauben.

Ich möchte jetzt von diesem Part wieder ein bißchen auf den Bericht zurückkommen und nur einige wenige Worte zur Organisation der Unterrichtszeiten sagen. Es ist sicher ein positiver Ansatz, und Sie werden vielleicht, Herr Kollege Kaufmann, zu Ihrer Verwunderung feststellen, daß ich hinsichtlich der Organisation der Unterrichtszeiten in Blockmodellen, die der Wirtschaft entgegenkommen und auch eine Forderung der Wirtschaft waren, durchaus auch die Interessen der Wirtschaft vertrete. Der immer wieder geäußerten Klage der Wirtschaft darüber, daß die Lehrlinge dann in der Schule sind, wenn sie zu Saisonzeiten benötigt würden, steht allerdings das entgegen, was auch Kollegin Moser heute schon gesagt hat: daß der junge Lehrling durchaus anders in den Schulunterricht integriert werden muß, weil er eben noch andere Anbindungsformen braucht. – Ich denke also, daß diese Überlegungen in der Diskussion zu einer befriedigenden gemeinsamen Lösung führen werden.

Herr Kollege Prähauser hat sich mit der schulischen Vorbildung der Berufsschüler beschäftigt. Ich möchte schwerpunktmäßig den Part der weiblichen Vorbildung in den Vordergrund stellen. Ich kann es mir ersparen, alle Passagen hier vorzutragen – Herr Kollege Prähauser hat das sehr ausführlich getan –, ich möchte nur eine Bemerkung hinzufügen: Es mag die Differenzierung durch die Lehrberufe natürlich auch eine Rolle spielen, aber Studien in anderen Bereichen der Schulausbildung ergeben genau dasselbe Bild: Die Mädchen sind in der schulischen Ausbildung einfach erfolgreicher. Deshalb bin ich sehr froh, daß die Frauenministerin angekündigt hat, daß sie die Aktion "Töchter können mehr" wiederbeleben will, sodaß für die Mädchen vor allem auch wieder das Vorstoßen in nichttraditionelle Ausbildungsbereiche forciert wird.


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