Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 27

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Sechstens: Der Europarat, der die Slowakei, Rumänien, Albanien – Albanien! – und sogar Rußland aufgenommen hat, sperrt sich lange gegen Kroatien. Russische und französische Abgeordnete wollten Belgrader Aggressoren in den Europarat einschmuggeln.

Siebtens: Westliche Zeitungen berichten über die Feiern zum 1. Jahrestag der Befreiung Srebrenicas. – Das heißt, die zivilisierte Welt gestattet, daß in Bosnien die Täter ihren Genozid feiern dürfen.

Achtens: Absurd ist der Vertrag von Dayton, der auf die Illusion der Fähigkeit der Völker zum Miteinander aufbaut, wo sie doch bestenfalls zu einem Nebeneinander in der Lage sind.

Neuntens: Die Westmächte mißachten den Willen der Kroaten, im Rahmen der bosniakisch-kroatischen Föderation ihre kulturelle Identität zu wahren.

Zehntens: Die im Westen verbreitete Vorstellung lautete, Mostar wäre von den Kroaten zerschossen worden, obwohl es doch kroatische Verbände waren, welche Mostar vom serbischen Artilleriefeuer befreiten.

Diese Aufzählung der historischen Ereignisse halte ich deshalb für wichtig, weil wir bei Berichterstattungen aus Ländern, in denen es Krisen gibt, immer wieder einer Information unterliegen, die nicht der Objektivität entspricht und die eine gewisse Absicht hat: uns einseitig zu beeinflussen, und zwar in einer Art beeinflussen zu wollen, die mit den Gegebenheiten vor Ort nicht übereinstimmt. Das wird einem bewußt, wenn man mit den Leuten vertraut ist und man das dann geschichtlich betrachtet.

Ich warne davor, daß wir das albanische Experiment ebenso angehen. Es gibt kein Ersuchen des Sicherheitsrates. Die OSZE ist keine internationale Organisation. Österreich hat sich selbst und aus freien Stücken dazu ernannt, in einem Gebiet mit sieben oder acht anderen Staaten für Beruhigung zu sorgen. Übrigens: Die Türkei ist als der Staat mit dem drittstärksten Truppenkontingent dabei, die Türkei, die in Albanien andere Interessen hat als wir Resteuropäer. Das muß man auch wissen.

Die Türkei vertritt, auch wenn sie eine laizistische Staatsform hat, einen eher militanten Islam, und 80 Prozent der Albaner sind islamisch geprägt. Ich möchte dieser Glaubensrichtung allen Respekt entgegenbringen, aber auch das ist eine Art Herausforderung, um es so schön zu sagen, für den Einsatz und kann Schwierigkeiten bringen.

Die Resolution 1101 des Sicherheitsrates spricht auch gar nicht davon, daß wir nach Albanien müssen . Es verurteilt, es begrüßt, es gestattet, es entscheidet, ermuntert, fordert. Nie aber wird von der UNO gesagt: Ihr müßt dort hingehen. Das ist einzig und allein unsere Entscheidung.

Auch wenn der UNO-Sicherheitsrat selbst eine Aufforderung in dieser Richtung ausgesprochen hätte: Ich stelle den UNO-Sicherheitsrat in Frage, denn er ist durch nichts demokratisch legitimiert, außer daß er materielle Interessen der zum Veto berechtigten Sicherheitsratsmitglieder widerspiegelt.

Meine Damen und Herren! Es ist der Einsatz in Albanien durch dieses Gesetz, durch Sie gesichert. Sie tragen die Verantwortung dafür, daß junge Österreicher möglicherweise in einem Metallsarg zurückkommen. Nehmen Sie zur Kenntnis, daß dieses Gesetz überhudelt zustande gekommen ist. Denken Sie auch an die Möglichkeit, die Sie gehabt hätten, nämlich dieses Gesetz nicht abzuschließen und ein Entsendegesetz seriös und langfristig zu diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.56

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesrat Dr. Michael Ludwig. Ich erteile es ihm.

13.56

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte eigentlich von einer Wortmeldung


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