Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 31

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kann, daß auf fast allen Ebenen – nicht nur auf dem Gebiet der Sicherheit, sondern ebenso auf dem Gebiet der Menschenrechte und der Wirtschaft – wesentliche Nachteile entstanden sind. Daher liegt es auch in unserem vitalen Interesse, daß dieses Land, daß die gesamte Region am Balkan stabil bleibt.

Das war auch der Grund, warum wir uns mit einem kleinen, aber mit einem klaren Auftrag ausgestatteten Kontingent daran beteiligten, um an diesem Stabilisierungsprozeß mitzuwirken. Wir alle hoffen, daß es auch gutgeht. Natürlich ist auch ein Risiko dabei, wie das bei jedem militärischen Einsatz der Fall ist.

Ich erinnere mich noch genau an die Debatte, die wir auch in den parlamentarischen Gremien vor etwas über einem Jahr geführt haben, als es darum gegangen ist, Truppen nach Bosnien zu entsenden. Selbstverständlich gibt es bei jedem derartigen Einsatz auch ein Risiko, aber genauso selbstverständlich bereiten wir uns mit größtmöglicher Sorgfalt darauf vor und versuchen, den Einsatz auch so durchzuführen, daß nicht nur unsere Leute, sondern auch die Menschen im Lande nicht durch irgendwelche Umstände im Rahmen des Einsatzes zu Schaden kommen. Darin sehen wir die Verpflichtung, und dafür bitten wir auch um entsprechende Unterstützung.

Zurück noch einmal zum Entsendegesetz im allgemeinen. Es wurde verschiedenes angesprochen und kritisiert, und ich möchte noch einmal auf die Frage der Bestimmung eingehen, der Dringlichkeitsnorm sozusagen, des Dringlichkeitsverfahrens etwa in Katastrophenfällen. Das ist keine Angelegenheit, die man beiseite wischen sollte, ich habe dies auch im Nationalrat bereits zum Ausdruck gebracht.

Tatsache ist, daß, wenn es derartige Katastrophenfälle gibt, innerhalb weniger Stunden zu handeln ist. Die Abmarschbereitschaft unserer Truppen, aber auch international für Katastrophenfälle beträgt 12 Stunden – 12 Stunden von der Anforderung her bis zum Abmarsch unserer Truppen. Daß diese Zeit natürlich vor allem zu einer bestmöglichen Vorbereitung dienen soll, um bestmögliche Voraussetzungen zu schaffen, um diesen Einsatz auch mit einem möglichst großen Ausmaß an Sicherheit, aber auch an Effizienz durchführen zu können, liegt wohl auf der Hand. Und daß das nicht nur an Sitzungstagen und oft nicht zu "normalen" Tageszeiten passiert, sondern daß das auch mitten in der Nacht auftreten kann und das immer so sein wird, das möchte ich nur hinzufügen.

Daß gerade Österreich dabei auch eine eminent wichtige Funktion hat, möchte ich auch zum Ausdruck bringen, und zwar deshalb, weil wir auf dem Gebiet der Katastrophenhilfe europaweit, ja weltweit im Hinblick auf unser Leistungsvermögen zu den führenden Nationen zählen, und zwar sowohl was unseren Ausbildungsstandard als auch was unseren Ausrüstungsstandard in bestimmten Spezialgebieten betrifft. Daher kann die österreichische Leistung in bestimmten Teilen auch durch niemanden ersetzt werden.

Es hat sich bereits in der Vergangenheit, etwa beim Einsatz in Armenien gezeigt, daß Österreich dort ungewollt von vornherein die führende Rolle bei der Organisation des Einsatzes übernommen hat und die österreichische Planung dann die Grundlage für den Einsatz aller anderen Nationen geworden ist. Ähnliches kann sich morgen bereits wiederholen. Das war die Grundlage und ist auch die Ursache dafür, daß es eine Ausnahmenorm für Dringlichkeitsfälle gibt.

Ganz kurz noch einmal zur geostrategischen Situation eine Überlegung, die ich Ihnen noch gerne mitgeben möchte. Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen Europas haben sich grundlegend verändert, darüber kann es keinen Zweifel geben. Ebenso wie die Situation ein paar Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg eine ganz andere war, als sie es Anfang der fünfziger Jahre beziehungsweise Anfang der vierziger Jahre für Europa war, so hat sich auch heute im Zuge der Zeit einiges verändert. Und die Tatsache, daß es gestern über die Medien die Ankündigung gegeben hat, wonach sich der russische Präsident Jelzin bereit erklärt hat, einen Vertrag mit der NATO zu unterzeichnen, und gleichzeitig auch festgestellt wurde, daß es auf der anderen Seite in wenigen Wochen zu einem Erweiterungsprozeß kommen wird, zeigt in eindrucksvoller Weise, wie rasch dieser Prozeß vor sich geht und wie sehr sich die Umstände geändert haben.


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