Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 32

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Auch diesbezüglich haben wir bereits in vielerlei Hinsicht reagiert. Die Aufnahme Österreichs in die Europäische Union wäre wahrscheinlich ohne Ende des kalten Krieges nicht in dieser Raschheit erfolgt. Unsere Teilnahme in der NATO-"Partnerschaft für den Frieden" wäre ohne Ende des kalten Krieges nicht möglich gewesen.

Alle Organisationen – ob EU, WEU oder NATO – haben auf diesen Prozeß mit einem ersten Schritt reagiert und sind jetzt dabei, den zweiten Schritt zu setzen. Wenn die EU in einem ersten Schritt die neutralen Staaten aufgenommen hat, so geht es bereits jetzt um den Beginn der Verhandlungen mit Mitgliedern des ehemaligen COMECON, das heißt, die alte Trennlinie wird überwunden. Sie muß überwunden werden, um diesen Graben endgültig zu beseitigen und die Möglichkeit einer Vereinigung dieses Kontinents und damit einer dauerhaften und stabilen Friedensordnung zu schaffen.

Das gleiche passiert auf dem Gebiet der NATO, bei der es jetzt zu einer Veränderung kommen wird, und zwar nicht nur durch die Vollintegration mehrerer Staaten, sondern auch durch die unmittelbare Teilnahme Rußlands am NATO-Diskussionsprozeß beziehungsweise auch an den gesamten Planungsprozessen und an den Durchführungsprozessen. Bereits heute sind wir so weit, daß eine amerikanisch-russische Division auf dem Gebiet von Ex-Jugoslawien im Einsatz ist und vieles andere mehr.

Wozu wir verpflichtet sind, ist zweifelsohne, daß wir jetzt überlegen: Was ist unser möglicher Beitrag, um den Prozeß des Neubildens einer europäischen Friedensordnung zum Zweck unserer eigenen Sicherheit einerseits mitzutragen, mitzugestalten und zu fördern und andererseits nicht zu behindern, zu stören, vielleicht sogar durch das eigene Verhalten zu verhindern? – Nichts ist ausgeschlossen.

Ich glaube, daß für viele die Antwort nicht so einfach ist. Aber es ist unser aller Pflicht, wirklich ernsthaft darüber nachzudenken. So wie sich nach dem Zweiten Weltkrieg ehemalige Gegner zusammengesetzt und versucht haben, mit einer völlig neuartigen Konzeption den Erfordernissen dieser Zeit gerecht zu werden und neue Lösungen zu finden, so ist das jetzt unsere Pflicht – in unserem eigenen Sicherheitsinteresse und auch im Interesse der zukünftigen Generationen.

Es geht dabei nicht nur um die selbstsüchtige Frage, ob es für uns von Nutzen ist oder nicht, sondern es geht zweifellos auch darum, zu überlegen, ob unser Verhalten einen notwendigen Prozeß stört oder fördert.

Das wollte ich zum Schluß diesem Gremium, das sich auf höchster Ebene mit dieser rasanten Entwicklung in Europa beschäftigt, zum Überlegen mitgeben. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.20

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub. Ich erteile es ihm.

14.20

Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich kann den Worten des Herrn Bundesministers nur zustimmen, Sie haben uns zum Teil aus dem Herzen gesprochen. Ich habe mich deswegen zu Wort gemeldet, weil hier anscheinend ein Mißverständnis vorliegt. Die freiheitliche Kritik an dieser Gesetzesvorlage – ob absichtlich oder unabsichtlich – wurde nämlich in eine falsche Richtung interpretiert. Wir haben nie gesagt und auch nie gemeint, daß wir grundsätzlich dagegen seien, daß österreichische Soldaten in Europa im Einsatz sind. Das ist nicht der Fall. (Bundesrat Meier: Sie sind für beides! Einmal so und einmal so! Sie sind für beides!) – Das ist nicht der Fall, lieber Kollege Meier!

Womit wir Probleme haben, das ist die Unehrlichkeit im Umgang mit der Neutralität. Und da gibt es viele, die das genauso sehen. (Bundesrat Rauchenberger: Wir haben auch Probleme mit eurer Unehrlichkeit!) Dieser Umgang ist eben nicht redlich, und das ist das, was wir kritisieren.


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