Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 43

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Der zuständige Regierungsvertreter wird aufgefordert, sich in den zuständigen Organen der Europäischen Union dafür einzusetzen, daß die in Artikel 109/J EG-Vertrag angeführten Konvergenzkriterien, welche die Gemeinschaft bei der Beschlußfassung über den Eintritt in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion leiten sollen, in bezug auf die Arbeitslosenquote dahin gehend ergänzt werden, daß eine Höchstgrenze der Arbeitslosigkeit als zusätzliches Kriterium eingeführt werde.

Doch was haben Sie beziehungsweise Ihre Vertreter damals im Hauptausschuß gemacht? – Sie haben diesen Antrag der Freiheitlichen selbstverständlich niedergestimmt. Auch Gewerkschaftsbundpräsident Verzetnitsch war dabei. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das stimmt nicht; dann erklären Sie mir jetzt, ob der zuständige Regierungsvertreter tatsächlich dieser Aufforderung nachkommen wird.

Der zuständige Regierungsvertreter wäre meiner Meinung nach Frau Hostasch. Dann fragen wir das nächste Mal Frau Hostasch, ob sie nach diesem Beschluß in dieser Richtung tätig wird. (Bundesrat Drochter: Fragen Sie! Sie wird Ihnen sicher eine ehrliche Antwort geben! – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die alten Römer haben einmal gesagt: Pecunia non olet, Geld stinkt nicht. So denken wahrscheinlich heute noch in Österreich sehr viele Herrschaften, wenn es darum geht, Aufgaben, die auch entsprechend dotiert sind, zu übernehmen.

Um aber nicht allein auf die Sache mit den 250 Persönlichkeiten, die gegen Bezahlung EU-Propaganda machen sollten, einzugehen, möchte ich eine sachliche Analyse der Grundthematik durchführen, und zwar in bezug auf die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, konkret in bezug auf die dritte Stufe, die Einführung des Euro.

Es sind vier Szenarien denkbar und möglich:

Erstens: die Einführung einer Hartwährungsunion, einer kleinen Währungsunion, mit Staaten wie Deutschland, Frankreich, Österreich und Holland. Ein Bundesbanker hat es vor kurzem in Sat 1 so ausgedrückt: Das wird ein Klub von Deutschland und seinen Nachbarn. Jeder, der später dazukommt, wird sich an die Spielregeln halten müssen.

Das zweite Szenario wäre eine große Währungsunion mit den meisten Staaten der EU, also elf bis zwölf Staaten.

Das dritte Szenario wäre die Verschiebung der Währungsunion.

Und das vierte Szenario wäre die gänzliche Absage.

Diese Szenarien können Sie auch in einer Schrift der ehemals führenden österreichischen Bank CA nachlesen, die sich mit diesem Thema befaßt hat.

Ich möchte nun auf den ersten Punkt eingehen: Was bringt eine Hartwährungsunion Österreich?

Wir würden damit eine Hartwährung gegen eine andere Hartwährung austauschen, nämlich den Schilling gegen den Euro. Wenn allerdings unser südlicher Nachbar Italien nicht dabei sein wird, dann werden wir im Handelsbereich dieselben Probleme haben, wie sie heute bereits bestehen.

Viel schlimmer aber ist, daß sich im Falle einer Hartwährungsunion Europa auseinanderentwickeln würde. Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten würde entstehen. Das wäre wie in einem Flottenverband: Wenn sich die schnelleren Schiffe abkoppeln und vorausfahren, kann man nicht erwarten, daß bei den langsameren irgendwann der Turbo-Antrieb zündet – wie das auch in der Regierung nicht der Fall ist – und sie den vorderen Verband einholen können. Wenn Italien, Spanien und Portugal nicht dabei sind, werden sie wieder ihre Abwertungsmechanismen einsetzen, in der Folge werden ihre Währungen schwächer, und die Inflation wird entsprechend steigen, das heißt, es kommt zu Zinssatzsteigerungen, die Staatsschulden werden teurer und


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite