Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 49

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Meine Damen und Herren! Möglicherweise formulieren wir unsere dringlichen Anfragen manchmal etwas zu bissig, aber bitte nehmen Sie doch zur Kenntnis, daß sie einen sehr starken Kern haben, der wahrheitsgemäß in die Zukunft blickt. Erkennen Sie doch ein bißchen die Zeichen der Zeit, wie Waigel gesagt hat – Kollege Königshofer hat es ausgeführt –, oder wie es die Engländer gesagt haben. Müssen wir immer die Musterknaben sein, die als erste ins Wasser springen und dann gerade noch mit der Nasenspitze herausschauen? – Ich glaube, wir sollten es nicht sein. Wir haben durchaus auch das Anrecht, in Richtung Brüssel zu sagen: Meine Damen und Herren dort! Überlegen Sie sich und geben auch Sie einmal Kriterien vor, wie wir den Euro stabilitätssichernd einführen können.

In seinem der Wifo-Studie beigelegten Brief behauptet der Herr Bundesminister für Finanzen Edlinger, daß eine Teilnahme Österreichs an der WWU zum frühestmöglichen Zeitpunkt eindeutig wirtschaftliche Vorteile bringt. Wenn man die Kernaussage ein bißchen herauskristallisiert, dann stellt man fest, es entsteht ein völlig anderer Blickwinkel. Da heißt es zum Beispiel: Nur eine sorgfältig vorbereitete Währungsunion – ich werde dann noch auf die Sorgfalt zu sprechen kommen – mit durchdachten wirtschaftlichen Verantwortungen, Abläufen und Strategie kann gesichert werden.

Große "Unabwägbarkeiten" gibt es: Der Teilnehmerkreis ist seit zwei Jahren, meine Damen und Herren, noch immer nicht klar – Kollege Königshofer hat sehr klar über den großen und den kleinen Bereich der WWU gesprochen. Die große WWU könnte im Extremfall schwere Folgen für die Europäischen Integration haben. Warum? – Über das Zinsrisiko, über die Risikoprämie wurde bereits gesprochen. Eine große WWU könnte allerdings mit höheren wirtschaftlichen Risken behaftet sein. Durch die Fixierung der Wechselkurse ab 1999, meine Damen und Herren, und den Übergang zum Euro würden die Hartwährungsländer, gemessen am Wirtschaftswachstum und an der Beschäftigung, gewinnen und die Weichwährungsländer verlieren. Dies wäre allerdings wieder mit einer Gefährdung der inneren und der äußeren Preisstabilität – Außenwert des Euro –, also der Stabilität in der WWU, verbunden. Der Wechselkursbereich vom Dollar und zum Yen – das wurde von Kollegen Königshofer bereits gesagt – ist überhaupt nicht andiskutiert worden.

Herr Kollege Drochter! Jetzt komme ich zu einem für Sie sehr wichtigen Bereich. Ich habe durchaus mit Achtung Ihren Ausführungen zugehört. Sie haben aber keine eindeutige Antwort gegeben, ob Sie für die Einführung des Euro sind. (Bundesrat Drochter: Sie haben nicht aufgepaßt!)

Die Lohnflexibilität zählt zu einem der wichtigsten Kriterien für den Erfolg der Währungsunion. Jene Länder werden von der Kostenseite her am wettbewerbsfähigsten sein, welche die geringste Steigerung der Lohnstückkosten aufweisen. Niedrige Lohnstückkosten – Sie wissen das als Gewerkschaftsvertreter – können auf drei Hauptwegen erzielt werden: geringe Erhöhung der Stundenlöhne, Senkung von Lohnnebenkosten und Erhöhung der Produktivität.

Herr Kollege! Sie fordern zu Recht eine Arbeitsplatzvermehrung, eine Arbeitsplatzsicherung, aber genau dann, wenn das einer der Kernpunkte ist, wird Ihre Vorstellung gefährdet. (Bundesrat Drochter: Den höchsten Lebensstandard der Arbeitnehmer in Europa haben ...!)

Herr Kollege! Wir haben auch einen der höchsten Lebensstandards, aber trotzdem hatten wir 300 000 Arbeitslose im Jänner, und das – das müssen Sie als Gewerkschaftsvertreter wissen – ist eine der größten sozialen Ungerechtigkeiten, die es überhaupt gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Drochter. )

Was entspricht jeder Realität? 300 000 Arbeitslose entsprechen jeder Realität?! – Ich habe Sie immer als Arbeitnehmervertreter geachtet. Offensichtlich spielen Sie das auf die Seite! 300 000 Arbeitslose sind Ihnen offensichtlich egal! (Bundesrat Drochter: Dort wollen Sie wahrscheinlich politisch hin!)

Nein, da wollen wir nicht politisch hin. Wir wollen, so wie Sie auch – ich unterstelle Ihnen nichts Schlechtes –, die Arbeitsplätze sichern und die Arbeitsplätze vermehren. (Bundesrat Drochter:


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