Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 28

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weigert. Sie wäre aber in vielen Fällen die Voraussetzung für eine wirksame Informationsbeschaffung.

Bei uns sind im Vergleich mit vielen anderen Staaten weiterhin sehr viele Bundeseinrichtungen ausschließlich in der Bundeshauptstadt angesiedelt. In Deutschland und in der Schweiz sind beispielsweise Höchstgerichte, der Rechnungshof oder auch einzelne Dienststellen der Bundesministerien in anderen Städten angesiedelt. Regionen erhalten durch die Übernahme bundesweiter Aufgaben Gewicht und Stimme. Wir als Steirer würden uns sehr freuen, das eine oder andere auch bei uns im Lande zu haben.

Der Föderalismus liegt uns Steirern sozusagen im Blut. Die beiden Seiten der Medaille – ein ausgeprägtes Landesbewußtsein einerseits und das gleichzeitige Einstehen für das gemeinsame Österreich andererseits – sind mit einer langen Geschichte angereichert und gehen nach unserem Verständnis bis zur Georgenberger Handfeste im Jahre 1186 zurück.

Föderalismus ist für mich als Landeshauptfrau der Steiermark – und hier weiß ich mich mit den anderen Bundesländern einig – aber auch höchst zeitgemäß, weil er im Gesamtsystem viele Doppelgleisigkeiten und Ineffizienzen vermeiden hilft. Föderalismus bedeutet Heimatbewußtsein und Verantwortung, auch über die Grenzen hinweg. Föderalismus bedeutet Bindung an die engere Heimat, ist Ausdruck der Geborgenheit in einer kleinen Heimat mit großem Horizont. Gelebter Föderalismus bedingt geradezu den Blick und den Einsatz über die Landesgrenzen hinaus. Gelebter Föderalismus ist kein vereinfachender oder bequemer Weg. Er bedeutet, daß Gebietskörperschaften ihre Möglichkeiten stärker ausschöpfen, nicht nur von Rechten, sondern auch von Pflichten sprechen und unangenehme Entscheidungen auch selbst treffen.

Föderalismus ist etwas sehr Lebendiges, das vom Engagement jedes einzelnen Entscheidungsträgers abhängt.

Föderalismus lebt vom positiven Wettstreit der Regionen, von der Interessenabwägung und dem Austragen von Konflikten, von der Auseinandersetzung miteinander und mit dem Zentralstaat.

Föderalismus wirkt nicht kleinräumig, im Gegenteil: Regionale und überregionale Zusammenarbeit, regionale Außenpolitik, das Verschwimmen innen- und außenpolitischer Grenzen sind Kennzeichen eines föderativen und selbstbewußten Landes. Es ist insofern auch bezeichnend, daß sich das Subsidiaritätsprinzip ausdrücklich in einem wichtigen europäischen Dokument und Rechtstext, im Artikel 3b des EU-Vertrages von Maastricht, festgeschrieben findet.

Es gibt den Zusammenhang: Europa und seine Regionen, der Bundesstaat Österreich und die Interessen und berechtigten Anliegen seiner Bundesländer. Mir geht es um mehr Eigenverantwortung der Länder, mehr Mitverantwortung der Länderkammer und ein System, das für den Bürger einsichtig und vernünftig ist, sowie um eine neue Qualität des Miteinander, das unsere Verfassung als Grundprinzip festgelegt hat. – Meinen Anteil dafür werde ich gerne leisten, und ich bitte Sie, uns in diesem Bemühen auch weiterhin zu unterstützen.

Ich bitte Sie um Verständnis dafür, daß ich jetzt zum Schluß noch – da es keine Möglichkeit gegeben hat, daß sie sich selbst verabschiedet hätte – unserer Kollegin Grete Pirchegger, die mich heute hierher begleitet hat, ein besonderes Danke sage für das, was sie in all den Jahren hier eingebracht hat. Wir sind froh gewesen, daß sie sich als Bäuerin und als Bundesrätin der Steiermark voll und ganz eingesetzt hat, auch für ganz Österreich. In diesem Sinne wünsche ich ihr alles Gute.

Ihrem Nachfolger, dem neuen und alten Vertreter der Steiermark, Dr. Vincenz Liechtenstein, wünsche ich natürlich auch, daß ihm vieles gelingen möge.

Mein besonderer Dank und meine guten Wünsche gelten aber Ihnen allen, die Sie sich jahraus, jahrein bemühen – in der ständigen Begleitung von einem, der auf dem Präsidium sitzt und der mir damals die ersten Wege der Politik geebnet und erleichtert hat, aber auch gezeigt hat, was Demokratie ist: Herzlichen Dank, Herr Professor Dr. Schambeck! Es ist eine gute Stunde und


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