Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 45

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zudeckt! Denn wir können all diese Kompetenzen im Bundesrat nur dann ausüben, wenn innerhalb der politischen Parteien dazu das Wohlwollen besteht. Daher empfehle ich allen Spitzenrepräsentanten der Länder, alle Äußerungen, die sie im Bundesrat machen, auch in ihren Parteivorständen zu machen, damit die zuständigen Organe, die auch über uns verfügen, das auch wissen und uns dann dementsprechend einstufen und arbeiten lassen.

Kollege Gerstl hat treffend auf die Bezugspyramide hingewiesen. – Wir sind ja das ungeliebteste Kind, weil die Repräsentanten in den Ländern darüber gekränkt sind, daß man nicht alle ihre Wünsche im Parlament erfüllt, und weil die Repräsentanten in Wien darüber verärgert sind, daß man ihnen auf die Nerven geht, wenn man Länderinteressen vertritt. Und wenn es darauf ankommt, Länderinteressen zu vertreten, ist jeder ein Solotänzer, und dann ist das Ganze ein Tanz der Solisten.

Es ist am besten, wir koordinieren uns so, wie die Landeshauptfrau der Steiermark, Waltraud Klasnic, uns das politisch, rechtlich und vor allem auch menschlich heute gezeigt hat. Jedes Normieren wäre unvollständig in einer demokratischen Republik, wenn es nicht mit Motivieren verbunden wäre.

Als ich 1979 das erste Mal in Kalkutta bei Mutter Teresa sein durfte – wohlgemerkt, um mein Geld –, hat sie beim Weggehen zu mir gesagt: Lasse nie zu, daß ein Mensch nach der Begegnung mit dir nicht glücklicher geworden ist! – Ich gestehe Ihnen als ein Auslaufmodell – das ist jetzt mein vorletzter Monat als Parlamentarier –, daß ich glücklich bin, zu wissen, daß die demokratische Republik Österreich mit bundesstaatlichem Aufbau eine Persönlichkeit wie Frau Waltraud Klasnic in der Landeshauptleutekonferenz hat, an der Spitze des Landes Steiermark, daß wir gemeinsam den Weg gehen können, den sie heute gezeichnet hat.

Ich darf Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitten, sich zu bemühen, zu erreichen, daß der Parteienbundesstaat – das soll niemanden überraschen, die Länderrepräsentanz erfolgt nämlich nach dem Parteienproporz im Landtag – auch einen Parteienbundesrat erlaubt, der die Länderinteressen vertreten kann. Wir sind ja bereit, Länderinteressen zu vertreten – wenn man uns läßt, Hoher Bundesrat!

Dabei möchte ich sagen: Es tritt hier immer die Frage vom freien und gebundenen Mandat auf. Einige von den Spitzen der Länder treten hier auch auf. Ich habe das Thema auch in deren Anwesenheit, damals, als einer von ihnen noch mein Schüler war, genau durchgenommen. Ich darf Ihnen sagen: Die Unterscheidung zwischen freiem und gebundenem Mandat hat bei der Französischen Revolution eine Rolle gespielt, als der Abbé Sieyès nach der Ständevertretung die Volksvertretung eingeführt hat. Ich empfehle allen Repräsentanten in den Ländern, alle Bundesräte aller Fraktionen rechtzeitig in den Meinungsbildungsprozeß in ihrem Land einzubinden. Alle Bundesräte aller Fraktionen in einem Lande sind in den Meinungs- und Willensbildungsprozeß einzubinden, denn das, was man gemeinsam, beispielsweise mit der Landeshauptfrau an der Spitze, ausarbeitet, kann man dann gemeinsam in Wien vertreten. Die Landesregierungen geben seit 1945 – nicht die Landtage, das ist hochinteressant, die haben sich total verschwiegen – Stellungnahmen zu Regierungsvorlagen ab. Diese werden ja in den Landesregierungen beschlossen. Es ist überhaupt nichts dabei, wenn die Bundesräte das, was in den Landesregierungen einstimmig beschlossen wurde, hier vertreten. Eines ist allerdings nicht zu erwarten: daß die Bundesräte praktisch wie Hintersassen das, was in den Ländern ohne Einvernehmen mit ihnen beschlossen wird, unkritisch in Wien vertreten. Das würde der Gewissenhaftigkeit und der politischen Kultur widersprechen.

Daher glaube ich, daß es sehr wichtig wäre, anläßlich der Europäischen Integration auch im Föderalismusbereich zusammenzurücken. Ich bin da sehr optimistisch. Nach 1945 – da darf ich auch den Herrn Landeshauptmann Krainer senior nennen, der hier als Vorsitzender des Bundesrates gesessen ist, so wie Bruno Marek in Wien – haben wir auch ein Zusammenrücken gehabt.

Meine Damen und Herren! Was in der Ersten Republik undenkbar gewesen wäre: Wir haben heute einstimmig beschlossene Länderforderungsprogramme. Das ist eine ganz großartige


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