Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 62

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werden können. Dort hat es der Süchtige wahrscheinlich sogar ein bißchen leichter, als wenn er sich die Drogen auf der Straße besorgen muß.

Aber die Vorgaben werden – wie so oft in der Praxis – nicht handhabbar sein. Warum nicht? – Weil es viel zuwenig Therapieplätze gibt! Wien und Vorarlberg sind die Ausnahmen, dort funktioniert es einigermaßen. Im restlichen Österreich reichen die Therapieplätze bei weitem nicht aus. Das heißt, ein Jugendlicher, dessen Strafe ausgesetzt wird, weil er sich bereit erklärt, sich einer Therapie zu unterziehen, muß mindestens ein halbes Jahr auf einen Therapieplatz warten. Man kann sich leicht ausrechnen, was in diesen sechs Monaten geschehen wird. Der Jugendliche wird weiterhin seiner Sucht frönen und überdies versuchen, mit Hilfe der Beschaffungs- und Begleitkriminalität die Sucht zu finanzieren.

Daran setzt meine Kritik im besonderen an. Man macht sich so gern Gedanken um den Süchtigen. Ja, ein Süchtiger ist wirklich ein armer Mensch. Aber man darf nicht vergessen – das darf bei aller Liebe zu einem Süchtigen nie übersehen werden –, daß die Süchtigen meistens gleichzeitig Dealer sind. Diese verführen andere Jugendliche dazu, ebenfalls zum Suchtgift zu greifen. Sie stehen vor Schulen und halten Ausschau nach anderen, die längst nicht mehr nur Jugendliche, sondern oft schon Kinder sind. Denn mit 11 Jahren – erst jüngst ist ein solcher Fall bekanntgeworden – ist man kein Jugendlicher, sondern ein Kind.

Ein Süchtiger wird, um seine Sucht zu finanzieren, versuchen, weitere Abnehmer zu finden. Wird dem nicht entschlossener entgegengetreten, ist das wirklich in höchstem Maße verantwortungslos! Das muß ich den Damen und Herren der Regierungsparteien, die das Gesetz jetzt verteidigen, mit auf den Weg geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Ziel muß sein – das geht mir in dieser Diskussion völlig ab –, daß die Jugendlichen möglichst drogenfrei sind. Ich sehe das nicht nur als medizinisches, psychiatrisches oder psychologisches Problem, sondern ich glaube tatsächlich, daß die Drogensucht in erster Linie ein gesellschaftliches, ein soziales Problem ist und in zweiter Linie ein medizinisches. Das erklärte Ziel muß sein, unsere Jugendlichen davon abzuhalten, Drogen überhaupt zu nehmen. Das wird aber nicht gelingen, wenn der Drogenzugang so leicht wie jetzt ist. Man kann sich heute schon – die "Coffee-Shops" aus Amsterdam brauchen wir gar nicht mehr – "Ecstasy"-Tabletten nahezu in jedem Kaffeehaus besorgen, das ist überhaupt kein Problem. Auch bei den Umsteigestellen der U-Bahn bekommt man die Drogen, ebenso auf den Straßenbahnlinien in Wien, weil das Umschlagplätze für Drogen sind.

Noch einmal: Das Ziel muß es sein, die Jugendlichen von Drogen abzuhalten und den Zugang nicht so leicht zu machen. Das aber hat die Regierung – wie ich glaube – mit diesem Gesetz aufgegeben. Das Drogenproblem wird nur noch verwaltet. Es gilt nicht mehr, daß man permanent versucht, die Jugendlichen von Drogen abzuhalten, die dafür nötigen Anstrengungen auf sich zu nehmen sowie die Täter unter Sicherheitsverwahrung zu nehmen und gleichzeitig zu therapieren, damit sie keine Möglichkeit mehr haben, an andere Jugendliche oder Kinder heranzukommen. Nein, die Regierung verwaltet jetzt das Drogenproblem und hat die Bemühungen aufgegeben. Und das kann man nur ablehnen! (Beifall bei den Freiheitlichen. )

12.54

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Harald Himmer. Ich erteile es ihm.

12.55

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich habe mich sehr bemüht, den Ausführungen von Frau Kollegin Mühlwerth zu folgen. (Bundesrat Eisl: Das war nicht sehr schwer! Das war sehr ausführlich!) Das war nicht unmittelbar sehr schwer. (Zwischenruf: Es war eine druckreife Rede!) Was sie uns aber genau damit sagen wollte – außer ein Klagelied zu halten –, ist mir nicht klargeworden. (Bundesrat Waldhäusl: Dann haben Sie es doch nicht verstanden!)


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