Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 61

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und das als richtig erkannte Konzept "Therapie statt Strafe" an sich in Frage zu stellen oder gar als vermeintlich falsch über Bord zu werfen!

Das Orten von Defiziten in diesem Bereich kann nur bedeuten, die diesbezüglichen Anstrengungen zu verstärken. Unsere bisherige – auch und gerade im internationalen Vergleich keinesfalls erfolglose – Doppelstrategie darf nicht deswegen aufgegeben und in eine eindimensionale Drogenpolitik der Repression zurückgeführt werden. Wir müssen dem Süchtigen weiterhin bei der Bewältigung der Gründe für seine Sucht und beim Loskommen von der Sucht helfen, nicht zuletzt auch zur Vorbeugung vor weiteren strafbaren Handlungen und damit im Interesse der öffentlichen Sicherheit.

Die Justiz ist bereit, auch im Verantwortungsbereich der Ermöglichung von Therapie ihren Beitrag zu leisten. Das zeigt sich auch daran, daß die Justiz schon bisher einen keineswegs unerheblichen Beitrag zu den Kosten gesundheitspolitischer Maßnahmen geleistet hat und das auch künftig tun wird. Ich möchte aber Sie, verehrte Damen und Herren des Bundesrates, bitten, Ihren Einfluß dahin gehend geltend zu machen, daß auch die Länder die in ihre Kompetenz fallenden gesundheitspolitischen Maßnahmen forcieren, insbesondere dort, wo es im Therapiebereich noch Strukturschwächen gibt. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.47

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächste ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

12.48

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Minister! Wenn Sie sagen, der bisher schon befolgte Grundsatz "Therapie statt Strafe" sei ein gutes Instrument, dann möchte ich Ihnen nicht grundsätzlich widersprechen. Ich muß Sie aber darauf aufmerksam machen, daß trotz dieses guten Ansatzes die Zahl der Drogentoten steigt, die Drogenkriminalität gestiegen – sie ist nur in Wien leicht zurückgegangen, und auch dort nur zu einem sehr kleinen Prozentsatz – und auch die Suchtgiftkriminalität im Steigen begriffen ist.

Trotzdem haben wir uns nun mit einer Regierungsvorlage zu befassen, die insgesamt eine weitergehende Liberalisierung zur Folge hat. Zwar hat die Opposition darauf hingewiesen, daß es vernünftig wäre, die Vorlage an einen Unterausschuß zurückzuverweisen und dort Experten, vor allem Drogenrichter und Polizeibeamte, die mit der Drogenszene ständig konfrontiert sind, einzuladen und anzuhören, aber die Regierungsparteien haben das bedauerlicherweise abgelehnt.

26 Jahre hat es gedauert, ein Suchtmittelgesetz vorzulegen und im Nationalrat zu beschließen, damit ein zugrundeliegendes Übereinkommen mit den Vereinten Nationen ratifiziert werden kann. Im Gesundheitsausschuß war gestern zu hören – und heute ist es wiederholt worden –, daß dieses Problem bis Ende der achtziger Jahre nicht virulent und der Handlungsbedarf nicht akut gewesen sei. Doch ist spätestens seit Anfang der neunziger Jahre bekannt, daß die psychotropen Stoffe in Form von Designerdrogen – unter anderem "Ecstasy" – um sich gegriffen haben. Daher ist festzustellen, daß man sich einige Jahre Zeit gelassen hat und daß nicht sofort darauf reagiert worden ist.

Jetzt aber peitscht man dieses Gesetz, das noch dazu bezeichnenderweise aus dem Gesundheitsministerium und nicht aus dem Justizministerium kommt, durch den Ausschuß durch und will keine Experten anhören – aus gutem Grund, wie ich vermute, denn sie hätten vielleicht etwas anderes gesagt als das, was wir heute zur Verteidigung dieses Gesetzes gehört haben. Wären sie angehört worden, so hätte diese Regierungsvorlage höchstwahrscheinlich etwas anders ausgesehen.

"Therapie statt Strafe" klingt gut, ist sehr verlockend, und dagegen ist auch – ich habe es anfangs schon gesagt – nicht grundsätzlich etwas einzuwenden. Ich glaube auch, daß es nicht sehr sinnvoll ist, einen Drogensüchtigen einfach ins Gefängnis zu stecken und ihn dort "schmoren" zu lassen, noch dazu da man weiß, daß in den Gefängnissen Drogen sehr leicht beschafft


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