Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 82

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verwundert, welche Bürokratie entsteht und wie viele Millionen an Kosten die Arbeitsmarktverwaltung für das Ausstellen von Krankenscheinen für Arbeitslose aufbringen muß. Es gibt eine Untersuchung durch den Wirtschaftstreuhänder, die ergibt, daß einem Betrieb für die Einhebung der Krankenscheingebühr von 50 S Abwicklungskosten in der Höhe von 73 S entstehen.

Neben der Entbürokratisierung sollte man meiner Meinung nach auch das ganze Steuerrecht entrümpeln. Ich habe am Vormittag bewußt zwei Fragen an den Finanzminister gestellt. Denn vor allem aus Arbeiterkammerstudien ergibt sich immer wieder der Vorworf, daß die Steuerreformen der Jahre 1989 und 1992 zu einer übergebührlichen Entlastung der Betriebe geführt haben. Dem steht eine Studie von Professor Gerald Heidinger aus Graz entgegen, die festgestellt hat, daß zwischen 1994 und 1996 das Lohnsteueraufkommen lediglich um 19,8 Prozent gewachsen ist, die Gewinnsteueraufkommen jedoch um mehr als 47 Prozent gewachsen sind.

Wenn man dies von 1988 bis 1996 zurückverfolgt, so sind die Lohnsteuer um 29,6 Prozent und die Unternehmenssteuer um 41,9 Prozent gewachsen. Man muß natürlich, wenn man eine solche Untersuchung macht, die Kommunalsteuer und die lohnsummenabhängigen Steuern einbeziehen. – Daher ist es, glaube ich, enorm wichtig, bei der Steuerreform im Jahr 2000 die Besteuerung der Betriebe neu zu überdenken und entsprechende Maßnahmen zu setzen.

Wenn Staatssekretär Ruttenstorfer gestern im "Kurier" darüber nachgedacht hat, daß die Verlustvorträge, die man mit Müh und Not ab 1998 wieder eingeführt hat, ab 2000 gestrichen werden könnten, damit die Gestaltungsmöglichkeiten für die Unternehmer eingeengt werden, so frage ich mich, ob dies nicht zu einer Verbesserung des Investitionsklimas in Österreich führt, wenn wir schon im Ausland dafür bekannt sind, daß die Kontinuität unserer Steuergesetzgebung nicht besonders großartig ist und daß wir im Zusammenhang mit dem Strukturanpassungspaket die Gesetze laufend geändert haben.

Meine Damen und Herren! Man sollte auch die Landesebene betrachten. Auch hier bestehen durchaus Möglichkeiten und viele Initiativen für Entbürokratisierung. Ich möchte in diesem Zusammenhang im besonderen unseren Wirtschaftslandesrat von Niederösterreich Ernest Gabmann erwähnen, der es sich in Niederösterreich zum Ziel gesetzt hat, Verfahrensvereinfachungen durchzuführen, wo es nur geht. Ich weiß, daß man auf Landesebene im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung nur relativ wenig Gestaltungsmöglichkeiten hat. Ich möchte hier nur die berühmte "Gulaschkobra" erwähnen, mit der es gelungen ist, bei Betriebsübernahmen im Gastgewerbe Auswüchse hintanzustellen, Verfahren zu beschleunigen und jungen Unternehmern, die den elterlichen Betrieb übernehmen wollen, entsprechende Erleichterungen und vor allem schnellere Verfahren zu ermöglichen.

Eine zweite Maßnahme ist die Verfahrenskonzentration: Es wird derzeit versucht, in zwei Bezirken, in Amstetten und in Baden, das Bau- und Gewerberechtsverfahren bei den Bezirkshauptmannschaften zusammenzuführen, und zwar über Antrag der Gemeinden. Es haben sich über 70 Gemeinden in Niederösterreich bereits dazu bereit erklärt, diese Verfahren abzutreten. Ich weiß aber um die Schwierigkeiten dabei: Das ist natürlich mit einem Machtverlust der Bürgermeister verbunden. Daher wird das nicht immer gerne gesehen. (Bundesrat Karl Hager: Nicht nur deshalb!) Da gebe ich dir schon recht, wenn du das als Bürgermeister sagst! Es besteht auch die berechtigte Kritik, daß man bisher nicht verhindern konnte, daß die Verfahren länger dauern und nicht etwa kürzer werden. Aber das Wirtschaftsreferat ist diesbezüglich guten Mutes, daß man durch Einsatz von privaten Sachverständigen die gleiche schnelle Verfahrensdauer erreichen können wird, wie wenn man zuerst das Bauverfahren und dann das Gewerberechtsverfahren durchführt. Der momentane Probegalopp soll nachweisen, ob dies funktionieren kann. Ich hoffe, daß wir diesbezüglich zu positiven Ergebnissen kommen.

Wir können aber in Niederösterreich durchaus auch auf Deregulierungsmaßnahmen bei der Bauordnung hinweisen. In diesem Zusammenhang konnten vor allem durch den Einsatz von Privatsachverständigen und durch Abkürzung von Entscheidungsfristen raschere Verfahren ermöglicht werden.


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