Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 21

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Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Bundesrat! Wir haben in Wien große Sorge wegen der UNIDO. Diese Sorge ist nicht ausgeräumt. Die UNIDO, die allerdings keine Agentur der Vereinten Nationen ist – Kofi Annan ist dafür nicht verantwortlich –, macht uns nach wie vor große Sorgen. Die Briten sind ausgetreten. Deutschland überlegt noch. Ich werde mit der neuen britischen Regierung, mit Robin Cook, persönlich Kontakt aufnehmen – mit den Deutschen haben wir das sowieso schon getan –, um die Reformchance in der UNIDO, die meiner Überzeugung nach auch in Zukunft Sinn haben wird, zu halten.

Man sollte sich konzentrieren und keine Doubletten machen. Ich glaube, es gibt genügend Punkte, die von Interesse sind, etwa im ökologischen Bereich oder in der Industrieentwicklung für Entwicklungsländer. Darauf sollte man sich konzentrieren in guter Abstimmung mit anderen internationalen Agenturen. Darüber, was von der UNO direkt hier ist – und das sind wichtige Bereiche! –, hat man sich anläßlich des Besuchs von Kofi Annan in Wien geeinigt. Dieser Bereich wir sogar größere Bedeutung haben.

Ich bin daher sehr zufrieden mit dem ersten Besuch des neuen UNO-Generalsekretärs, der sich erstens blendend ausgekannt und betont hat, daß er Wien zu einem Weltzentrum der Verbrechensbekämpfung, des Kampfes gegen die organisierte Kriminalität, des Law Enforcement, also der Stärkung der rechtlichen Voraussetzungen für den Kampf etwa gegen Drogen et cetera, machen will. Man will den Terrorismus verstärkt von Wien aus bekämpfen. Wir sind daher mit diesen Gesprächen absolut zufrieden.

Wir rechnen auch damit, daß eine – hoffentlich! – gute Personalentscheidung betreffend den Leiter des UNO-Zentrums in Wien gefaßt wird. Dann wird es meiner Meinung nach gut weitergehen. Jetzt haben wir die erste EU-Behörde mit der Beobachtungsstelle gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nach Wien geholt, was von der Quantität gar nicht so interessant ist, aber der Schuhlöffel dafür ist, daß wir jetzt Europaschulen einrichten können und daß das von Brüssel aus kofinanziert wird. Das ist ein Einstieg. Die anderen neuen Kandidaten haben so etwas noch nicht bekommen. Es laufen hier, wie ich meine, ganz vernünftige Dinge.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Herr Bundesrat, bitte.

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek: Herr Vizekanzler! Generalsekretär Kofi Annan hat ein umfassendes Reformkonzept der UNO angekündigt. Kann man heute schon sagen, ob es im Zuge dieses Reformkonzeptes auch Auswirkungen auf den Standort Wien geben wird?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wir unterstützen dieses Reformkonzept 100prozentig, denn es kann nur unser Ziel als einem der pünktlichen Zahler in den Vereinten Nationen sein, daß die UNO, wo immer sie ihren Sitz hat, eine schlanke, effiziente und schlagkräftige Organisation hat, bei welcher die Verwaltungsarbeit eher abgebaut und die operativen Arbeiten gestärkt werden. Das ist absolut okay.

Ich habe als Botschaft mitgenommen, daß Kofi Annan versuchen will, die bürokratischen Overhead-Kosten zu reduzieren und dafür den operativen Teil zu stärken. Das ist für uns sehr wichtig, weil wir Wien auch zu einem solchen operativen Zentrum machen wollen. Wenn hier etwa die Atomteststopp-Überwachungsbehörde angesiedelt wird und in Wien quasi alle Daten zusammenlaufen, damit wirksam kontrolliert werden kann, wenn Wien eigentlich die Welthauptstadt im Kampf gegen die Atombombe und gegen die Weitergabe von Nuklearmaterial oder Nukleartechnologie wird, wenn außerdem der Kampf gegen den Terrorismus, gegen Drogen et cetera hier beheimatet und zentriert wird – das sind Anliegen, das hat auch Kofi Annan gesagt, die im 21. Jahrhundert mehr Bedeutung haben werden als jetzt –, dann ist das ein Konzept, mit dem wir uns 100prozentig identifizieren können.


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