Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 35

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Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 3. Juni 1997 mit Stimmenmehrheit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluß des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Frau Präsidentin! Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Riess-Passer. Ich darf sie bitten, das Wort zu ergreifen.

11.32

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das durchschnittliche Einkommen eines unselbständig Erwerbstätigen in Österreich liegt bei 20 000 S monatlich, und zwar unter Einrechnung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Das heißt, die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher verdient weniger als diese 20 000 S im Monat. Rund 1 Million Österreicher leben unter der Armutsgrenze.

Das festzustellen ist deshalb wichtig, weil es in der heutigen Debatte um die Höhe der Politikerbezüge und deren Relation zum Durchschnittseinkommen der Bevölkerung geht. Im vorliegenden Vorschlag der Regierungsparteien sieht diese Relation so aus: Der Bundeskanzler soll in Hinkunft das Vierzehneinhalbfache eines österreichischen Arbeitnehmers verdienen, der Vizekanzler das Dreizehnfache, der Erste Nationalratspräsident das Zwölffache, ein Minister das Elfeinhalbfache, ein Staatssekretär das Zehneinhalbfache, ein Klubobmann im Nationalrat das Zehnfache, ein Nationalratsabgeordneter immerhin noch das Sechsfache und ein Bundesrat das Dreifache.

Diese Relation ist zu beachten, weil die sogenannte Bezügepyramide in einer Zeit gebastelt worden ist, in der den knapp 300 000 Arbeitslosen in diesem Land ihr Arbeitslosengeld um 1,3 Milliarden Schilling gekürzt worden ist, in der die 2,1 Millionen Pensionsbezieher nicht einmal mehr die Inflationsrate vollständig abgegolten bekommen und in der Löhne und Gehälter sinken sowie die Lohnsteuerbelastung um 20 Prozent gestiegen ist.

Vor diesem Hintergrund greifen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ins volle. 1 Million Schilling mehr pro Jahr für den Bundeskanzler, eine halbe Million mehr für den Nationalratspräsidenten, 400 000 S mehr für den Vizekanzler, 200 000 S mehr für die Damen und Herren Minister, 400 000 S mehr für die Klubobleute und so weiter. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

Von der behaupteten Abschaffung der Politikerpensionen kann ebensowenig die Rede sein wie von der Abschaffung der Abfertigungen. Man hat dem Kind nur einen neuen Namen gegeben: Gehaltsfortzahlung heißt es jetzt. Eine saubere Regelung wäre es gewesen, wenn Sie die Politikerpensionen generell abgeschafft hätten und die bereits erworbenen Anwartschaften in den ASVG-Bereich oder in eine Pensionskasse übergeführt worden wären. Sie werden den Bürgern kaum erklären können, warum nach § 6a Politiker, die Beamte sind, automatisch zwölf Monate Gehaltsfortzahlung bekommen, obwohl sie zweifellos den sichersten Job der Welt haben.

Die neue Regelung bedeutet darüber hinaus eine wesentliche Besserstellung gegenüber der früheren, weil es jetzt nicht einmal mehr eine Mindest-Funktionsdauer für die Erlangung eines Abfertigungsanspruches gibt. Ein Monat, eine Woche, ja ein Tag genügt, um diesen Anspruch zu begründen. Das ist eine Regelung, von der ein normalsterblicher Arbeitnehmer nur träumen kann.


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