Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 36

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Der Gipfel der Frechheit – wenn ich das so sagen darf – ist aber die neue Reisekostenregelung, die dazu führt, daß Abgeordnete aus den westlichen Bundesländern zusätzlich zu ihrem Jahresbezug von 1,4 Millionen Schilling noch eine Reisekostenvergütung kassieren können, die pro Monat etwa dem Durchschnittseinkommen eines österreichischen Arbeitnehmers entspricht. (Bundesrat Meier: Aber nur, wenn er reist!)

"Ich muß mich schon wundern, da es sich ja um Volksvertreter handelt, die doch in schwierigen Zeiten mit gutem Beispiel vorangehen sollten." – Das sagt der ehemalige Wiener Bürgermeister und prominente SPÖ-Vertreter Helmut Zilk. Wo bleibt dieses gute Beispiel, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn am Ende Ihrer monatelangen Verhandlungen eine saftige Bezügeerhöhung steht? – Und das in der Zeit eines Belastungspaketes, mit dem man gerade den Ärmsten in unserer Gesellschaft zusätzliche Opfer abverlangt! Wo bleibt die Moral, wenn man sich nicht im geringsten um die in diesem Land rasant voranschreitende Verarmung schert, sondern nur ums eigene Säckel?!

Wenn der Innsbrucker Bürgermeister die Verelendung der Bürgermeister befürchtet, wird sofort reagiert: Mittels Abänderungsantrag von Khol und Kostelka wird umgehend von 160 auf 170 Prozent aufgestockt. Und wenn der Salzburger Landeshauptmann am Berufsverbot für seinen eigenen Landtagspräsidenten Anstoß nimmt, dann wird mittels desselben Abänderungsantrages flugs eine Lex Glasser und Schreiner geschaffen, sodaß das Inkrafttreten dieser Regelung in der laufenden Gesetzgebungsperiode plötzlich nicht mehr notwendig ist.

Ich möchte diese Bezügeregelung auch im internationalen Vergleich betrachten. Das Ergebnis ihrer großartigen Bemühungen besteht darin, daß Österreich nach wie vor im absoluten europäischen Spitzenfeld der Politikergagen liegt, und zwar an zweiter Stelle. In keinem anderen europäischen Land – mit Ausnahme von Italien – verdienen die Politiker auch nur annähernd soviel wie in Österreich, und zwar auch unter Einrechnung der Zusatzleistungen. Ich füge das deshalb ausdrücklich hinzu, weil immer wieder das "intelligente" Argument ... (Bundesrat Bieringer: Das müssen Sie genau berechnen, Frau Kollegin!)

Ich rechne es Ihnen gleich vor, Herr Kollege Bürgermeister! Es kommt nämlich von Leuten wie Ihnen immer wieder das besonders "intelligente" Argument, man könne das nicht vergleichen, weil zum Beispiel der deutsche Bundeskanzler oder der amerikanische Präsident für ihre Reisen eigene Flugzeuge, ja manche sogar eigene Hubschrauber zur Verfügung hätten. Nun darf ich Ihnen ein großes "Geheimnis" verraten, Herr Kollege Bieringer: Auch der Herr Bundeskanzler von Österreich und seine Regierungsmitglieder zahlen sich ihre Reisen nicht selbst. Aber gleichgültig, ob sie in einem von der Republik gekauften oder gemieteten Flugzeug sitzen: Tatsache ist und bleibt, daß in jedem Fall die Steuerzahler die Kosten tragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ebenso tragen die Steuerzahler die Kosten für Dienstwägen und Repräsentationspauschalen, die auch nicht gerade knapp bemessen sind und zum Beispiel für den Herrn Bundeskanzler bei rund 15 Millionen Schilling pro Jahr liegen.

Betrachten Sie zum Beispiel den Fall Dänemark, Herr Kollege Bieringer! Dort verdienen die Abgeordneten um ein Drittel weniger als ihre österreichischen Kollegen. Haben sie weniger zu tun? Sind sie schlechter qualifiziert? Haben sie weniger Verantwortung zu tragen? – Ganz sicher nicht!

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie haben heute die Chance, mit einer sauberen und ordentlichen Regelung der Politikerbezüge ein Signal zu setzen, Ihrer Vorbildfunktion als Volksvertreter gerecht zu werden und Ihre Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Ihre Kollegen im Nationalrat haben diese Chance nicht genützt. Sie, meine Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte, haben diese Chance noch!

Wir haben in den letzten Wochen gehört, wie in den Ländern reihenweise Kritik an dieser Vorlage geübt worden ist – von beiden Koalitionsparteien, von unterschiedlichen Landespolitikern und aus sehr unterschiedlichen Motiven.


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