Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 39

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helfen. Man rennt dann – unter Anführungszeichen – "meilenweit", um diesen Menschen zu helfen. Entsprechendes sollte auch für andere, sollte auch in unserem Bereich gelten. Für mich persönlich stellt das kein Problem dar, da ich eine zehnjährige Anwartschaft nicht erreicht habe; ich kann es daher wertfrei kommentieren. Mir geht es um diejenigen, die ihre Ansprüche schon früher erworben haben und jetzt möglicherweise nicht eingelöst bekommen.

Als ich eingangs davon sprach, daß das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden sei, meinte ich damit auch, daß es ein falscher Ansatz ist, Pensionen grundsätzlich zu versagen. Das hat aus meiner Sicht den Nachteil, daß in den nächsten Jahren eine gewisse Überalterung der Mandatare zu erwarten sein wird. Wir werden möglicherweise feststellen müssen, daß der – unter Anführungszeichen – "normale Nachwuchs" angesichts der heute in der Öffentlichkeit geübten Kritik nicht die Erwartung hegen wird, sich gestalterisch einsetzen zu können.

Ich glaube, daß wir vielmehr den jungen Menschen, die bereit sind, in die Politik zu gehen, rechtzeitig vor Augen führen müssen, was es heißt, Politiker zu sein. Wenn man im Fernsehen Aufnahmen aus dem Plenum sieht, halbleere oder leere Reihen sowie – teils unqualifizierte – Streitigkeiten untereinander, aber auch hervorragende Diskussionen, dann entsteht daraus nicht der wahre Eindruck, wie er von Politikern eigentlich vermittelt werden müßte. Nichts läßt sich daraus ersehen über die Zeit, die zusätzlich aufzubringen ist und die die normale Dienstzeit anderer nur insofern berührt, als nach 17 Uhr für einen Politiker die Arbeit eigentlich erst beginnt, für andere hingegen die wohlverdiente Ruhezeit.

Angesichts dessen sich gegenseitig Tüchtigkeit oder Untüchtigkeit aufzurechnen, erscheint mir als Spiegelfechterei, als Unwahrheit. Es ist das einer der Gründe dafür, daß es uns nicht mehr gelingt, entsprechend qualifizierten Nachwuchs für die Politik zu bekommen. Wir tragen sehr viel dazu bei, jungen Frauen und Männern die Freude an der Politik zu nehmen –, und wundern uns dann darüber, daß wir nicht über entsprechenden Nachwuchs verfügen können. Das gilt für alle Parteien.

Ich glaube, daß Äußerungen wie "60 000 S sind für einen Politiker genug" eigentlich nur so gesehen werden können, daß man davon ausgeht, dies werde in der Öffentlichkeit gut ankommen. Für jemanden, der nur 10 000 S verdient, ist das ein hoher Betrag – sechsmal soviel; ich kann sehr gut rechnen. Nur, meine Damen und Herren, kann ich dabei nicht die gleiche Qualifikation wie im Falle eines Mindesteinkommens erkennen.

Österreich ist ein Land, das durch eine Bildungsexplosion ... (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Ich habe vom Durchschnittseinkommen gesprochen, nicht vom Mindesteinkommen!) Ja, ja. – Österreich ist ein Land, in dem viele Menschen vieles erreichen können. Die Bildungsmöglichkeiten sind bei uns so gut, wie sie es in anderen Ländern beileibe nicht sind. Eines aber muß man den Menschen auch sagen: Man muß die Chance ergreifen. Wir selbst sind alle Beispiele dafür, daß man, wenn man bereit ist, Persönliches aufzugeben, letztendlich die Möglichkeit hat, mitzugestalten. Das ist – wenn ich an den Bundesrat denke – so, wie es jetzt beurteilt wird, entsprechend dotiert. Darüber werden wir auch in nächster Zeit immer wieder Rechenschaft abzulegen haben.

Aber 60 000 S als Höchsteinkommen eines Politikers erscheinen mir – wenn ich das so formulieren darf – als eher lächerlich. Ich gehe zunächst davon aus, daß damit der am höchsten verdienende Politiker gemeint ist, sodaß man abstufen muß. Würde dann die Abstufung, wie sie in der Öffentlichkeit goutiert wird, dazu führen, daß ein Bundesrat mit 18 000 S brutto hier sitzen müßte, so wären wir damit – das sage ich Ihnen ganz offen – etwas unterbezahlt; es sei denn, wir hätten kein Selbstbewußtsein und vertrauten unserer eigenen Arbeit nicht. Diese Meinung allerdings habe ich hier in keiner Rede und keiner Äußerung orten können.

Deshalb kann es für diese Forderung nur einen Grund geben, nämlich den, daß man weiß: Sie kommt gut an, vor allem bei denen, die viel weniger verdienen, und das ist die große Mehrheit. Das geht einher mit der Meinung, die anderen würden schon herhalten und es ausverhandeln. Angesichts dessen bin ich dem Liberalen Forum und den Grünen dafür dankbar, daß sie den


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