Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 104

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Das sind unbestrittenermaßen Ziele, die gelegentlich miteinander in Konflikt stehen. Eine moderne Justizpolitik muß daher immer wieder aufs neue Anstrengungen unternehmen, um diese unterschiedlichen Ziele in Einklang zu bringen.

Was den Kampf gegen das schwere Verbrechen und die organisierte Kriminalität betrifft, möchte ich einmal mehr darauf hinweisen, daß deren Bekämpfung einerseits eine Gesamtstrategie mit Elementen technischer, organisatorischer, sozialer und rechtlicher Prävention erfordert, andererseits aber auch einen Ausbau des den Sicherheits- und Justizbehörden zur Verfügung stehenden Instrumentariums. Das bedeutet mit anderen Worten, daß neue Erscheinungsformen der Schwerkriminalität zwar auch, aber nicht nur durch punktuelle Maßnahmen auf dem Gebiete des materiellen und formellen Strafrechts bekämpft werden können, sondern daß – wie sonst auch zur Steuerung gesellschaftlicher Fehlentwicklungen – die gesamte Rechtsordnung einschließlich der unter Umständen effizienteren Verwaltungs- und Zivilrechtsbestimmungen im Sinne einer deliktsspezifischen Strukturprävention gefordert ist.

Selbstverständlich mußte der Kampf gegen die organisierte Kriminalität in den letzten Jahren auch durch legislative Maßnahmen Unterstützung erhalten. Ich erinnere an die neuen Straftatbestände Geldwäscherei und kriminelle Organisation sowie an die Bestimmungen über die Abschöpfung krimineller Gewinne nach den Strafrechtsänderungsgesetzen 1993 und 1996. Ich erinnere auch an die Erweiterung der Befugnisse der Justizwache durch die jüngste Novelle zum Strafvollzugsgesetz.

Ich möchte aber auch an die heute schon angesprochene, vom Justiz- und Innenministerium gemeinsam ausgearbeitete Regierungsvorlage über zunächst befristet einzuführende besondere Ermittlungsmaßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität erinnern. Wir haben uns dabei um Ausgewogenheit und um eine Balance zwischen einer Verbesserung der kriminalpolizeilichen Ermittlungsinstrumente bei gleichzeitiger Eingrenzung der damit verbundenen tiefen Eingriffe in die Privatsphäre und in die Persönlichkeitsrechte des einzelnen bemüht.

Wir haben uns dabei aber auch an der Rechtsentwicklung unserer Nachbarstaaten, insbesondere der Europäischen Union, orientiert – dies in der Überlegung, daß alles getan werden muß, um zu verhindern, daß Österreich ein Ruheraum und ein Ort der Planung illegaler Aktivitäten oder ein Finanzplatz des organisierten Verbrechens wird. Zugleich haben wir aber auch darauf geachtet, daß die Eingriffe in die grundrechtlich geschützten Bereiche auf das unbedingt Notwendige beschränkt und die Grundsätze unseres Strafverfahrens gewahrt bleiben.

Bei der Bekämpfung der zunehmend grenzüberschreitend stattfindenden organisierten Kriminalität kommt – wie heute schon erwähnt wurde – der internationalen Zusammenarbeit eine besondere Bedeutung zu. Gerade deshalb haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Rahmen der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres verstärkte Anstrengungen unternommen und zuletzt einen umfassenden Aktionsplan zur Bekämpfung und Prävention der organisierten Kriminalität ausgearbeitet, und in Kürze soll in Amsterdam eine Behandlung dieses Berichtes durch den Europäischen Rat stattfinden.

Was den Umgang mit der Alltagskriminalität anlangt, möchte ich auch hier ankündigen, daß dieser in zeitgemäßer Weise verbessert werden soll und die Möglichkeiten dazu erweitert werden sollen. Dazu gehören einerseits der faktische Ausbau des schon seit einem Jahrzehnt erfolgreich durchgeführten außergerichtlichen Tatausgleichs ebenso wie ein kurz vor der Versendung stehender Entwurf zur Diversion, also einer vereinfachten und zugleich besser auf den Einzelfall abgestellten Erledigung minder schwerer Verstöße weniger gefährlicher Straftäter. Dabei soll insbesondere der Schadenswiedergutmachung und den anderen Interessen der Opfer, zu welchen insbesondere auch eine ideelle Genugtuung gehört, besonderes Augenmerk geschenkt werden.

Meine Damen und Herren! Bevor ich schließe, möchte ich noch ein Wort zu den Fakten und den medialen Darstellungen in den letzten Tagen in dem heute schon angesprochenen "Briefbombenverfahren" sagen: Keine Sorge! Aus meiner Sicht ist die konstruktive Zusammenarbeit zwischen den beiden Ressorts auf allen Ebenen weiterhin intakt. Die keineswegs vom Herrn


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