Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 96

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Es ist wirklich schrecklich, wenn Studien gemacht werden, für die aus alten Unterlagen recherchiert wird und in denen auf die letzten Veränderungen nicht eingegangen wird. Denn auf eines bin ich wirklich ganz stolz. Fragen Sie, die Sie als Bundesländervertreter hier sind, in allen Bundesländern: Seit wir die Reform des Anlagenrechts diskutieren, haben sich die Verfahren dramatisch verkürzt. Wir können heute feststellen, daß fast jede Landesregierung stolz sagt, daß sie mit Ausnahme von Umweltverfahren oder ganz kniffligen Verfahren, für die man keinen Experten findet – etwa für Wäschereien – eine Verfahrensdauer von maximal drei Monaten haben. In dem im Unterausschuß des Wirtschaftsausschusses des Parlaments durchgeführten Hearing mit Experten konnten wir feststellen, daß dies auch den Tatsachen entspricht. Ich würde daher bitten, daß wir nicht selbst negative Standortwerbung betreiben.

Ich füge gleich hinzu – weil wir später zu einem anderen Punkt noch über das Berufsausbildungesetz reden werden –: Bei meinen Kontakten in den Vereinigten Staaten habe ich mich mit Vertretern der Mutterhäuser der namhaftesten US-Investoren getroffen, und wissen Sie, wie dort der Standort Österreich figuriert? – Als eins oder zwei weltweit! Und wir lassen uns von Erhebungen wie der des World Economic Forums irritieren.

Ich nenne ein Beispiel, und Sie können mich beim Wort nehmen, ich bin bereit, für jedes Wort hier einzustehen. Die Firma CASE-Tractors hat vor einiger Zeit die Steyr Traktorfabrik St. Valentin gekauft – ein Kind problematischer österreichischer Wirtschaftspolitik. Dazu sagt mir heute der CEO: Es ist unser bester Erzeugungsbetrieb im Weltkonzern geworden. Wir finden nirgendwo solche Facharbeiter, nirgendwo solch marktzugeschnittene Produkte wie in diesem Werk.

Daher bitte: Wir haben das Pech, daß wir zum Teil wegen Streitereien um innerösterreichische Angelegenheiten, bei denen wir mit veralteten Daten operieren, das Image im Ausland gefährden. Ich sage das wirklich ohne Zorn und Eifer, denn das ist ganz wichtig gerade deshalb, weil wir heute wieder mehr denn je ausländische Investoren in Österreich haben.

Ich gestatte mir, obwohl es mit der Gewerbeordnung nichts zu tun hat, noch ein Beispiel zu bringen. Ich bin auch für die Firma ABA verantwortlich, die früher ICD hieß. Wir haben seit dem Vorjahr unsere Anwerbepolitik umgestellt, und wir haben im letzten Jahr die zweitmeisten Arbeitsplätze bekommen, vor allem im zweiten Halbjahr – nicht, weil ich da war, sondern weil wir umgestellt haben. Auch heuer geht es sehr gut, und zwar fast nur mit Unternehmen zwischen 30 und 40 Beschäftigten, die alle im Bereich der höheren Wertschöpfung nach Österreich kommen.

Das heißt, gerade weil wir dieses Image haben, müssen wir jetzt alles tun, um es zu verbessern, und ich nehme die Gelegenheit wahr, Herr Präsident, Sie wirklich darum zu bitten. Wir werden Sie, sobald wir die entsprechenden Statistiken haben, mit diesen versorgen.

Darf ich auch dazu ein Wort sagen: Wissen Sie, daß es in Österreich üblich ist, daß immer der Unternehmer eine Statistik vorlegen muß, daß es aber relativ unüblich ist, daß die Behörde eine Statistik vorlegt? Ich wundere mich grün und blau, daß es keine Statistik aller Bezirkshauptmannschaften über die Dauer von Verfahren gibt. Wir wollen zwar von den Unternehmern alles mögliche wissen, und ich insistiere jetzt, daß wir wirklich bezirkauf, bezirkab Verfahrensstatistiken bekommen, anhand derer wir rezent nachfragen können, wie lange die durchschnittliche Verfahrensdauer, nach Sektoren getrennt, ist, denn dann, glaube ich – und nur dann –, kann man Wirtschaftspolitik effektiv betreiben und muß nicht auf Mutmaßungen von Experten – egal aus welchem Stall sie kommen – Bezug nehmen.

Der nächste Punkt, auf den ich eingehen möchte, betrifft eine wichtige Neuerung. Im Hohen Haus hat, glaube ich, Abgeordneter Haigermoser aus der Gewerbeordnung 1859 zitiert mit dem berühmten Umkehrschluß: Alle anderen Gewerbe sind frei. Ich verweise nochmals darauf, daß wir genau diesen Umkehrschluß in § 5 Abs. 3 – wenn ich jetzt auswendig richtig zitiere – wiedereingeführt haben. Wir haben 84 geregelte Gewerbe, und alles andere, was in Österreich an gewerblichen Berufen denkbar ist, ist im Umkehrschluß ausdrücklich zu einem freien Beruf erklärt worden. Das ist ein Rückgriff auf eine liberale Tradition, die sehr wohl große Bedeutung hat, weil wir es mit sehr genau definierten 84 Gewerben zu tun haben.


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