Verlangen Sie weder von der Sozialdemokratie noch von den Parteien der Regierung, daß am Beginn einer Diskussion alle einer Meinung sind. In einer solchen Debatte gilt es natürlich, Interessen zu vertreten und jeden Vorschlag daraufhin abzuklopfen, ob er tatsächlich der beste Weg ist, das angestrebte Ziel zu erreichen, oder ob es nicht vielleicht Nebeneffekte gibt, die der, der den Vorschlag macht, gar nicht bedacht hat und die negativ wären. Eine Diskussion, in der von vornherein alles feststeht, verdient diesen Namen nicht. So etwas kann eigentlich nur dann stattfinden, wenn man einem Großteil der Teilnehmer ein Denkverbot erteilt hat. Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist, ich habe da so meine Vermutungen, aber Denkverbote sind in der Sozialdemokratie absolut unüblich! (Bundesrat Waldhäusl: Sie denken überhaupt nicht viel!) Herr Kollege! Ich sagte Ihnen schon einmal: Bleiben Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten!
Die Frau Bundesministerin hat jene Antwort gegeben, die in der gegenwärtigen Situation möglich ist. Sie hat auf jenen Prozeß der Erarbeitung eines Reformansatzes verwiesen, wobei im demnächst vorzulegenden Gutachten Diskussionsanstöße aus der Gewerkschaftsbewegung, aus der Bundesregierung, von unseren Partnern und aus dem Ressort zusammenfließen werden. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)
Einen Punkt möchte ich jedoch mit der gebotenen Deutlichkeit klarstellen beziehungsweise geht es nicht um eine Klarstellung, sondern darum, zum 299. Mal gegen Ihren 298. Versuch, hier Zweifel zu säen, die Wahrheit zu wiederholen: Es geht nicht um die Reduzierung von Pensionen, die im Bescheid erwachsen sind und von Menschen bezogen werden, die nicht die geringste Möglichkeit mehr haben, ihr Lebensschicksal umzugestalten, und deren im wesentlichen einzige Einkommensquelle diese Pension ist. Jede Diskussion, die wir führen, betrifft vielmehr künftige Modelle und Menschen, die ihre Pension noch vor sich haben. Für jene, deren Manövrierfähigkeit – wie gesagt – auf Null steht, kann all das nicht gelten und wird das nicht gelten. Ich habe nicht das politische Gewicht, hiezu eine Garantie abzugeben, aber jener Brief, den Sie mangels Einbringung eigener Debattenbeiträge verlesen haben, kann sozusagen in Rechtskraft erwachsen. Er wird von den angepeilten Maßnahmen vollinhaltlich abgedeckt.
Lassen Sie mich am Schluß meiner Wortmeldung nur noch zwei Gedanken äußern. – Wir prägen diese Reform, die genau jene Möglichkeit zu einer Garantie auch für eine fernere Zukunft erbringen soll, auch damit, daß sie auch ein Element mehr Gerechtigkeit beinhaltet. Kollege Schaufler hat zu Recht darauf verwiesen, daß die bisher erfolgte Verlängerung von Durchrechnungszeitpunkten gerade – das ergänze ich jetzt – im Hinblick auf Arbeiterberufe, die in den letzten Berufsjahren wahrlich in vielen Fällen nicht die besten Verdienste bringen, mehr Gerechtigkeit gebracht hat. Längere Durchrechnungszeiträume müssen, wenn man das Problem der Frauen, die andere Berufsverläufe haben, lösen kann – dafür gibt es Ansätze –, nicht notwendigerweise zu einer linearen Herunterkürzung, sondern sehr wohl auch zu einem Element von mehr Ausgleich führen.
Es bleibt Ihnen und Ihren Sprechern vorbehalten, die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage als Schwachsinnigkeit zu charakterisieren. Warum Sie das tun, weiß ich nicht. Es wurde auch kein Argument dafür nachgeliefert. Aber wofür liefern Sie denn schon Argumente? – Es handelt sich hiebei zweifelsfrei nicht um ein Kürzungsmodell oder Einsparungsmodell, sondern um eine den heutigen Rahmenbedingungen entsprechende Weiterentwicklung unseres Systems, welche mehr Stabilität bringen soll.
Es ist auch richtig – die Frau Bundesministerin hat darauf verwiesen –, daß wir in diesem Land verschiedene historisch gewachsene Pensionssysteme haben und daß man über diese nicht einfach mit dem Rasenmäher oder anderen Instrumenten dieser Art hinwegfahren kann. Aber es ist klar, daß wir einen Prozeß der tendenziellen Anpassung der Rechtsausstattung dieser Pensionssysteme einleiten müssen.
Es ist halt sehr merkwürdig, wenn es – so kommt es dann zur Verunsicherung – politische Kräfte in diesem Land gibt, die sich einerseits munter an einer absolut unberechtigten Hatz auf die öffentlich Bediensteten beteiligen, für den öffentlichen Dienst jedoch die Zumutungen zurückweisen, die – Gott behüte! – diese Bundesregierung den öffentlich Bediensteten vorschlägt. So, meine Herren – Dame hat dazu noch keine gesprochen –, geht es mit Sicherheit
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