Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 128

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sage das nochmals, weil wir in den nächsten Wochen intensiv über diesen Bereich diskutieren werden, und wir sollten uns darauf vorbereiten, daß wir mehr Mobilität brauchen.

Ich bin im Augenblick ganz begeistert von dem, was ich jetzt bei Diskussionen etwa in Fachhochschulen erlebe. Die jungen Absolventen – ich nehme jetzt zum Beispiel das Burgenland her – mit 20, 21 Jahren können eine Nachbarschaftssprache haben, ein halbes Jahr im Ausland gearbeitet und noch kein Haus und haben den Willen, ein paar Jahre im Ausland für die boomende österreichische Exportwirtschaft zu arbeiten. Ich glaube, daß das die wirkliche Herausforderung ist: den Weg in die Selbständigkeit ermöglichen, ihm eine neue Selbständigkeit ermöglichen. Es kann nicht jeder in die paar etablierten, bekannten Berufe, in die wir in der Lehrlingsausbildung – darüber reden wir heute noch – zu viel "hineinpulsieren", gehen, weil wir nicht so viele Friseure und kaufmännische Angestellte brauchen, wie wir im Augenblick haben.

Ein letzter Punkt zur generellen Bemerkung: Eine der wichtigsten Sicherung kleiner und mittlerer Betriebe ist auch die Sicherung kaufkräftiger Nachfrage. Ich kann nur wiederholen, was ich hier in diesem Kreis schon vor langem gesagt habe: Ich mag das amerikanische Modell nicht, in dem das untere Drittel der Bevölkerung seit Jahrzehnten sinkende Einkommen hat. Das kann nicht die Lösung sein. Wir müssen eine Lösung zusammenbringen, bei der die Nachfrage auch in den entlegensten ländlichen und Berggebieten hoch genug ist, um eine Infrastruktur an Betrieben zu ermöglichen. Daher sollten wir uns dazu bekennen.

Und wer heute einen Durchschittsgewerbetreibenden – ich möchte Herrn Bundesrat Böhm nicht zu nahe treten – als geschützte Werkstätte bezeichnet, dem kann ich nur widersprechen. Ich stimme bei den Bestattern zu und bei einer Reihe von freien Berufen, zugegeben, aber nicht bei den Gewerbetreibenden. Jeder Tischler, den ich heute irgendwo besuche, ist gut ausgelastet, aber bei jeder Ausschreibung bewerben sich 30 Leute. Ich kann Ihnen nur aus meinem Bereich, aus der Bundesgebäudeverwaltung sagen, für jeden kleinsten Auftrag haben Sie heute bis zu hundert Einreichungen. Das heißt, das riecht nach Wettbewerb. Daher sollten wir den Begriff "geschützte Werkstätte" nicht stehenlassen.

Nächster Punkt: die Frage der Globalisierung. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.) Meine Damen und Herren des Bundesrates! Das Wort "Globalisierung" wird vor allem von jenen ständig im Mund geführt, deren nächster Kunde 20 Kilometer weit weg ist. (Bundesrat Dr. Schambeck: Völlig richtig!) Die Großen spielen nämlich die Globalisierung. Sie müssen sie auch spielen. Sie nutzen sie, aber die kleinen fürchten sich vor der Globalisierung, führen sie täglich im Mund und machen damit bei den Mitarbeitern und Staatsbürgern einen Begriff zur Hölle, der für einen Staat wie uns unerträglich positiv sein müßte.

Meine Damen und Herren! Ohne Globalisierung, die bedeutet, daß zwei Drittel der Weltwirtschaft im Wachstum sind und für unsere Exportwirtschaft Märkte schaffen, könnten wir unseren Wohlstand längerfristig sicher nicht halten, weil wir im Binnenmarkt Sättigung haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nicht dozieren, aber manchmal tut es mir weh, wenn ich in eine Innungsmeisterversammlung komme und alle über die Globalisierung so herziehen. Das einzige, was sie an der Globalisierung merken, ist ihre Urlaubsreise nach Thailand. – Ich höre jetzt auf zu stänkern, ich sollte das nicht tun.

Zum Teilgewerbe bin ich mehrfach gefragt worden. Meine Damen und Herren! Das Teilgewerbe – ich habe das in meiner vorigen Wortmeldung schon gesagt – ist eigentlich der typische Fall für den Kleingründer. Ich kann mir als Ökonom gar nicht vorstellen, daß das Teilgewerbe eine typische Drei-, Vier-, Fünferpartie sein wird, sondern das Teilgewerbe wird in einem Ein-, maximal Zwei-, Dreimannbetrieb enden. Es hat diesbezüglich große Sorgen gegeben. Es gibt große Widerstände, ich sage das ganz offen, weil Sie diese Information wahrscheinlich noch nicht haben werden. Den größten Einwand gegen das Teilgewerbe gab es bei den bestehenden Betrieben auch hinsichtlich der Zahl der Mitarbeiter: Da rennt mir jetzt der Geselle mit einer oder zwei Partien davon. Und die Befürchtung der Arbeitnehmerseite war: Das werden genau die Betriebe sein, von denen keiner bei der Gewerkschaft ist, keiner mehr einen Kollektivvertrag ein


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