Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 184

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Es liegt mir ein von fünf Bundesräten unterstütztes Verlangen gemäß § 57 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor, über die Wahlvorschläge für die Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates eine Debatte durchzuführen.

Wir gehen somit in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch.

22.36

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen zum Tagesordnungspunkt "Wahl der Vizepräsidenten" die freiheitliche Position darlegen.

Wir sind der Auffassung, daß nach § 6 Abs. 3 bei der Wahl der Vizepräsidenten alle drei Mitglieder des Präsidiums in das d’Hondtsche Verfahren miteinzubeziehen sind, was zur Folge hätte, daß die drittstärkste Fraktion auch einen Vizepräsidenten vorschlagen kann, umso mehr, als wir jetzt mit 14 Bundesräten über deutlich mehr als die Hälfte der stärksten Partei verfügen.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne schlagen wir Dr. Paul Tremmel vor. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Debatte ist somit geschlossen.

Bevor ich in den Wahlgang selbst eingehe, halte ich wie bei vorangegangenen Anlässen fest, daß der Bundesrat gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates anläßlich jedes Wechsels im Vorsitz gemäß Abs. 1 aus seiner Mitte zwei Vizepräsidenten zu wählen hat. Die Wahlen sind nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts, nämlich des d’Hondtschen Verfahrens, mit der Maßgabe durchzuführen, daß der erstgewählte Vizepräsident nicht der Fraktion des Präsidenten angehören darf. Die Grundprinzipien der Bundesverfassung sowie der Geschäftsordnung des Bundesrates, aber auch die sich damit befassende Literatur gehen bei der Wahl dieser Funktionäre von einer klaren Zweiteilung aus.

Zunächst wird bei der Bestimmung des Präsidenten das föderalistische Grundprinzip unserer Verfassung zum Ausdruck gebracht, indem der Vorsitz halbjährlich zwischen den Ländern – unabhängig von deren Größe – wechselt. Völlig getrennt davon wird die politische Kontinuität in der Leitung des Bundesrates durch die Vizepräsidenten verwirklicht, welche nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts – also nach der Stärke der Fraktionen – zu wählen sind.

Die Interpretation der gegenständlichen Bestimmungen ergibt nach wie vor klar, daß ein Vorschlagsrecht für die Vizepräsidenten den beiden stärksten Fraktionen im Bundesrat zukommt. Darüber hinaus hat der Geschäftsordnungsgesetzgeber eine Spezialbestimmung in die Richtung geschaffen, daß der erstgewählte Vizepräsident nicht von jener Wahlfraktion gestellt werden soll, welcher der Präsident angehört. Diesbezüglich wurde somit eine klare Stellvertretungsregelung in die Richtung normiert, daß der Präsident nicht durch den Vizepräsidenten derselben Fraktion vertreten werden soll, sondern von jenem Vizepräsidenten beziehungsweise von jener Vizepräsidentin, den beziehungsweise die die andere der beiden stärksten Fraktionen stellt.

Weiters sieht § 56 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, daß diesbezügliche Wahlvorschläge zu ihrer Gültigkeit der Unterstützung von mehr als der Hälfte der Bundesräte, denen ein Vorschlagsrecht zukommt, unterfertigt werden müssen.

All dies bedeutet zusammenfassend, daß der Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion für den ersten Vizepräsidenten für das zweite Halbjahr 1997 sowie jener der ÖVP-Fraktion für den zweiten Vizepräsidenten für das zweite Halbjahr 1997 den Bestimmungen der Geschäftsordnung genügen und daher zur Wahl zu stellen sind.


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