Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 26

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Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme zum Schluß und möchte ganz bewußt ein Anliegen an den österreichischen Bundesrat stellen, das für mich persönlich und sicherlich auch für viele von Ihnen von ganz großer Bedeutung ist: Bitte lassen wir nicht zu, daß der ländliche Raum in unseren Bundesländern ausgedünnt wird! Lassen wir nicht zu, daß Gendarmerieposten, daß Postämter, daß Nebenbahnen, daß Post-Buslinien, daß Bezirksgerichte und dergleichen geschlossen werden und der ländliche Raum eine ständige Abwertung erfährt! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Der ländliche Raum muß ein lebendiger Raum bleiben, sonst wird er als Lebensort, vor allem für die Jugend unseres Landes, seine Attraktivität verlieren.

Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gratuliere nochmals Herrn Präsidenten Dr. Hummer zur Vorsitzführung hier im Bundesrat und wünsche dem österreichisch Bundesrat unter seiner Präsidentschaft eine sehr erfolgreiche Arbeit. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

9.40

Präsident Dr. Günther Hummer: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Ausführungen.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub.

9.40

Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst darf ich mich bei meinen beiden Vorrednern, dem Herrn Präsidenten und dem Herrn Landeshauptmann, für die Offenheit in einer Diskussion bedanken, die in den letzten Jahren sehr oft beschönigend und verdeckt geführt wurde, und für die Tatsache, daß jetzt offensichtlich mit den Schönfärbereien, was den Bundesrat betrifft, aufgeräumt werden soll. Zumindest für mich war das in diesen beiden Wortmeldungen spürbar.

Herr Präsident Hummer hat auf einige Grundsatzprobleme des Bundesrates verwiesen. Ich darf hier ergänzen, daß sich Ihre Hinweise, Herr Präsident, mit langjährigen Vorschlägen der Freiheitlichen Partei decken, die allerdings in den Kammern dieses Hauses von den Mehrheiten immer abgelehnt wurden. Wir wünschen Ihnen dennoch vom Grunde her viel Erfolg, auch wenn wir vielleicht in Details nicht immer einer Meinung sind.

Herr Präsident Hummer hat in den Medien von einem "Geburtsfehler des Bundesrates" gesprochen. Ich glaube, daß dieser Geburtsfehler durch die Praxis der Koalitionsabkommen gebührend verstärkt wurde. Auch dafür trägt die Verantwortung die Mehrheit dieses Hauses, die Mehrheit des Nationalrates. Das hat nicht unbedingt etwas mit der Verfassung an sich zu tun. Denn auch ohne Verfassungsänderungen könnte der Bundesrat wesentlich mehr aus sich machen, wenn es die Mehrheit zuläßt, Herr Landeshauptmann!

Die Bundesstaatsreform wurde von Herrn Landeshauptmann Dr. Pühringer eingemahnt. Sie haben gesagt, Herr Landeshauptmann, man dürfe sie nicht noch einmal verschieben, weil sonst die Glaubwürdigkeit der Politik im allgemeinen Schaden nehmen würde. Als ich das gehört habe, habe ich mich an die Rede von Bundeskanzler Klima am vergangenen Sonntag anläßlich der Eröffnung der Salzburger Festspiele erinnert. Er hat darin als Kritik an der österreichischen Politik angeführt, daß "Politiker zu oft alte Geschichten erzählen" – wörtliches Zitat –, "die immer weniger auf Interesse stoßen".

Und wenn nun jemand wie ich, der immerhin schon sechs Jahre im Bundesrat ist, diese Geschichten – ich sage jetzt: diese "alten Geschichten" – im Halbjahrestakt von einem Landeshauptmann zum anderen hört, im Grunde immer dieselben Aufforderungen hört, dieselben Begehren hört, dieselben Appelle, ja Beschwörungen an den Bundesrat hört, dann darf es nicht wundern, wenn so mancher den Eindruck hat, hier werden – laut Diktion von Bundeskanzler Klima – "alte Geschichten" zum besten gegeben. Der Glaube geht zunehmend verloren, der


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