Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 28

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sich nicht wundern, wenn zumindest bei der Opposition der Verdacht aufkommt: Also ganz ernst kann das alles nicht gemeint sein!

Es wird vom Land Oberösterreich die Einführung eines familienfreundlichen Steuersystems gefordert. Eine hervorragende Forderung, die zu unterstützen ist! Wir haben diesbezüglich Initiativen im Nationalrat und hier im Bundesrat eingebracht, und zwar in den Ausschüssen und im Plenum. Aber das wurde alles samt und sonders von den Mandataren auch Ihrer Partei, Herr Landeshauptmann, abgelehnt.

Zusammenfassend möchte ich, wenn ich diese Beispiele subsumiere, von einer Irreführung der Bevölkerung und der Bürger sprechen. Denn ich stelle folgendes fest: Die Landeshauptleute, insbesondere Sie, Herr Dr. Pühringer, gehen vor allem in Vorwahlzeiten sehr gerne auf Distanz zum Bund. Man will mit dem "bösen Wiener Wasserkopf" nicht allzuviel zu tun haben, man betont seine Unabhängigkeit und kennt die Parteifreunde in Wien fast nicht, trifft sie nur ganz selten. Der Landeshauptmann läßt aber dann seine Bundesräte, die Bundesräte seiner Landespartei, durch ein Koalitionsabkommen binden. Und weiters geht der Landeshauptmann her – gemeint sind nicht nur Sie, Herr Landeshauptmann Pühringer, sondern all Ihre Amtskollegen von Ihrer Partei – und beklagt dann die Wirkungslosigkeit – Sie haben gemeint: "das unberechtigte Schattendasein" – des Bundesrates.

Was soll man davon halten? – Das ist niemandem mehr zu erklären! Vielleicht bin ich politisch zu naiv und verstehe das nicht. Ich lasse mir aber gerne erklären, was davon ernst gemeint und was davon ein Schauspiel ist.

Die Landeshauptleutekonferenz soll in die Verfassung eingeführt werden, wurde gefordert. Über dieses Thema kann man auch mit den Freiheitlichen reden, das ist sicherlich eine diskussionswürdige Alternative. Aber, meine Damen und Herren: Sowohl eine Stärkung des Bundesrates zu verlangen, als auch gleichzeitig die Landeshauptleutekonferenz mit entsprechenden formalrechtlichen Kompetenzen in der Verfassung zu institutionalisieren, das ist meines Erachtens eine Neueinführung von Doppelgleisigkeiten, das ist eine überwuchernde Bürokratie. Es ist auch keine Linie drinnen, wenn man auf der einen Seite die Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung beklagt, kritisiert und auf der anderen Seite verfassungsmäßig Institutionen aufwerten und hochspielen will.

Ja was glauben Sie denn, was das Ergebnis sein wird? – Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wenn wir die Landeshauptleutekonferenz institutionalisieren und mit Kompetenzen in der Verfassung verankern, dann kann das nur die Abschaffung des Bundesrates zur Konsequenz haben. Alles andere wäre Funktionärsversorgung, und ich weiß nicht, wozu das noch gut sein sollte, jedenfalls ist es schade um das Geld! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der koalitionsfreie Raum wurde gestern offiziell beendet. Ich habe mich gewundert, daß das nicht still und heimlich passiert ist. Nein, die Klubobleute der Regierungsparteien sind noch stolz darauf und verkünden das in den Medien! Das ist im Grunde genommen eine beschämende Sache für uns alle, für alle Mandatare und für das Ansehen der Politik. Und das wird dann noch hinausposaunt! Ich bin wirklich entsetzt gewesen, und zwar nicht aus parteipolitischer Sicht, sondern als Staatsbürger und einfacher Mandatar, daß man damit noch hausieren geht, daß man jetzt dekretiert hat, das freie Mandat habe zu unterbleiben.

Gut, was im Nationalrat passiert, ist nicht unbedingt unsere primäre Angelegenheit, aber auch das, meine Damen und Herren, ist eine weitere psychologische Demütigung des Bundesrates, denn die kleinen Versuche und die kümmerlichen Pflänzchen eines selbständigen Abstimmungsverhaltens, die wir in diesem Haus schon gesehen haben, sind nun natürlich parteiamtlich abgedreht. Das ist eine Vorgangsweise, die dem Ansehen der Politik alles andere als nützt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend darf ich Ihnen sagen, Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer, daß der Bundesrat nicht ganz der richtige Adressat Ihrer vielen berechtigten Wünsche und Anregungen ist, weil der Bundesrat ein Tochter- oder Enkeltochterbetrieb der Koalition und der Parteiobleute ist. Und wenn ich heute von einem Konzern etwas will, dann gehe ich nicht zur kleinen operativen Enkel


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