Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 46

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Vom "alte Geschichten erzählen" war die Rede. Ich glaube, das Entscheidende ist nicht, ob eine Geschichte alt oder neu ist, sondern ob sie wichtig und ob sie richtig ist. (Beifall bei der ÖVP.) Und wenn etwas wichtig ist, dann werden wir wahrscheinlich noch einmal darüber reden müssen, und zwar so lange, bis wir es durchgesetzt haben.

Meine Damen und Herren! Es wurde die Landeshauptmanndirektwahl angesprochen. Ich sage ganz offen: Ich stehe sehr positiv dazu, aber ich akzeptiere, daß es hiezu Pro- und Kontrameinungen gibt, daß auf beiden Seiten sehr wohlüberlegte und sehr berechtigte Argumente gegeben sind und daß man daher bei dieser so wichtigen Frage natürlich in eine ausführliche Diskussion einsteigen muß. Zum Einstieg in die Debatte bin ich gerne bereit, und ich persönlich bedauere es, daß am 5. Oktober 1997 eine Direktwahl gesetzlich noch nicht möglich ist. Es ist aber – das möchte ich schon sagen – mit einer Landeshauptmanndirektwahl natürlich eine Änderung der Verfassung, der Geschäftsordnungen und so weiter auf Bundes- und Landesebene notwendig, und ich plädiere dafür, daß man bei Verfassungsfragen immer sehr vorsichtig und sehr gründlich vorgeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was unser Forderungspaket und das gute Darstellen des Landes in finanzieller Hinsicht anlangt, bin ich, Herr Kollege Rockenschaub, nicht Ihrer Meinung, daß man sich zuerst so verhalten muß, daß das Land in finanzielle Schwierigkeiten kommt, damit man dann das Recht hat, fordernd beim Bund aufzutreten. Ich glaube ganz im Gegenteil, daß die Bundesregierung und der Bund stolz und froh sein sollen, daß es Länder gibt, die gut dastehen. Und wenn es Länder gibt, die gut dastehen, kann das nicht zur Folge haben, daß diese Länder ihre berechtigten Forderungen beim Bund nicht vortragen dürfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es kann keine Benachteiligung geben für ordentlich Wirtschaftende und für solche, die schauen, daß sie das eigene Haus gut bestellen. Ich bin nicht bereit, in das Kleid des Bettlers zu schlüpfen, um bei der Bundesregierung dann vielleicht mehr Gehör zu finden. Ich hoffe, daß die Bundesregierung nicht so denkt, wie Sie das dargestellt haben. Es kann nicht so sein, daß man zuerst abwirtschaften muß, damit man nachher berechtigte Forderungen durchsetzen kann.

Darüber hinaus halte ich fest, daß die meisten Forderungen in diesem Paket nicht Forderungen um Subventionen, nicht Bitten um Unterstützungen sind, sondern die meisten Forderungen beziehen sich darauf, daß der Bund in unserem Bundesland in seinem ureigensten Wirkungsbereich – wie etwa im Bundesstraßenbau oder im Verkehrswesen – selbst tätig wird.

Hinsichtlich dessen, was Sie zu den Widersprüchen über das Abstimmen im Bundesrat und über die Diskussion im Bereich des Föderalismus gesagt haben, gebe ich Ihnen zum Teil recht, aber dann müssen Sie mir wiederum recht geben, daß das eine Folge der Tatsache ist, daß der Bundesrat bis hin zu seinem Stimmverhalten zu direkt an die Bundespolitik und zu wenig an die Länder gebunden ist. Wenn die Bundesräte tatsächlich Ländervertreter sind, wenn sie Vertreter ihres Landes und damit auch der Interessen ihres Landes sind, dann kommen sie automatisch stärker aus den Fängen etwa der Nationalratsklubs oder der Bundespolitik heraus, in denen sie sich derzeit doch in einem hohen Ausmaß befinden.

Ich möchte eigentlich eine Länderkammer, die den Titel Länder kammer wirklich verdient, weil hier die Länderinteressen in die Bundespolitik eingebracht werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Jemand hat gemeint, der Landeshauptmann gehe auf Distanz zur Bundespolitik. Lassen Sie mich auch dazu ein Wort sagen, das soll nicht unwidersprochen im Raum stehenbleiben. Selbstverständlich gibt es eine natürliche Konkurrenzsituation zwischen Ländern, Gemeinden und Bund. Das ist natürlich, und das ist auch gesund, denn Wettbewerb ist immer gesund, auch Wettbewerb zwischen den verschiedenen Ebenen eines föderalistischen Bundesstaates. Da bedarf es oft auch klarer Worte, mit denen man seine eigene Position gegenüber anderen Körperschaften darlegt. Das ist erstens nicht immer Streit, das ist zweitens ein Zeichen des Selbstbewußtseins, ein Zeichen der Selbstachtung, das ist ein notwendiges Zeichen für starke Länder.


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