Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 52

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öffentlichen Sicherheit – wenngleich mit weit höherem Arbeits- und Zeitaufwand – ermitteln und kombinieren können.

Der plakativ herausgestellte Ausschluß bestimmter individueller Merkmale von der Rasterfahndung versteht sich ohnehin als bloße Kosmetik. Weshalb nämlich zum Beispiel die Abstammung, die Rasse – ein zweifellos grundlegendes Identitätsmerkmal –, von den aufzunehmenden Daten ausgeschlossen worden ist, entzieht sich jeder rationalen Begründung. Hat das doch mit einer Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse überhaupt nichts zu tun.

Mit der Rasterfahndung vermag ich daher alles in allem zu leben, solange sie nicht mißbräuchlich eingesetzt wird.

Ganz anders stellt sich für mich hingegen die Rechtslage beim sogenannten großen Lauschangriff dar, der amtlich als "akustische und optische Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel" bezeichnet wird. Diese Ermittlungsart verursacht nämlich einen Einbruch in mehrere Grundrechte, insbesondere in das Hausrecht, das Recht auf die Privatsphäre, das Familienleben, die private Kommunikation und andere mehr.

Zwangsläufig beschränkt sich dabei der Eingriff nicht bloß auf den schon einer schweren Straftat und die als seine Komplizen Verdächtigen, sondern bezieht auch Familienmitglieder und sonstige unverdächtige Dritte mit ein. Selbst das wäre im Rahmen einer vernünftigen Güterabwägung gegebenenfalls gerade noch akzeptabel.

Unvertretbar ist nach meiner Rechtsüberzeugung jedoch, daß der Lauschangriff nicht einmal vor solchen Vertrauenspersonen Halt macht, die als Träger eines Berufsgeheimnisses staatlich anerkannt sind.

Für diese überschießende Tendenz erscheint mir bezeichnend, daß ursprünglich sogar beabsichtigt war, nicht einmal Beichtstühle oder vergleichbare Orte der vertraulichen religiösen Aussprache auszunehmen. Darin, daß das später nicht aufrechterhalten worden ist, sehe ich keine grundsätzliche Umkehr von einem höchst bedenklichen Weg. Den Gesetzesverfassern wurde in diesem Punkt offenbar lediglich bewußt, daß sie mit einer solchen Regelung das Konkordat mit der katholischen Kirche eklatant verletzen würden. Wohl aus Erwägungen der verfassungsgesetzlich gebotenen Gleichbehandlung wollten sie dann die übrigen anerkannten Religionsgemeinschaften nicht schlechter stellen.

Im Gegensatz zu dieser eher formalen Betrachtung geht es mir jedoch dabei primär um einen substantiellen Gesichtspunkt. Das Vertrauen eines hilfesuchenden Rechtsgenossen, sei er medizinischer, psychologischer oder rechtlicher Hilfe bedürftig, in jene zur entsprechenden professionellen Hilfestellung berufenen Personen und den Schutz dieses Vertrauens an jenen Orten, an denen diese Berufe typischerweise ausgeübt werden, gilt es zu wahren und nicht nachhaltig zu erschüttern. Eben dieser für eine lebenswerte Gemeinschaft so elementaren wie fundamentalen Verbürgung wird die gegenständliche Vorlage aber keineswegs gerecht.

Im Klartext: Zumindest die Ordinationsräume von Ärzten oder Psychologen beziehungsweise Psychiatern und die Kanzleiräume von Rechtsanwälten, Notaren oder Wirtschaftstreuhändern hätten jedenfalls vom Lauschangriff ausgenommen werden müssen!

Eine solche generelle Immunität wäre sachlich umso mehr vertretbar, als es in Österreich erfreulicherweise – anders als in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit der Anschläge der RAF-Terroristen – nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür gibt, daß Angehörige der von mir genannten Berufsgruppen an Aktivitäten der organisierten Kriminalität, insbesondere im Bereich des Terrorismus, als dem erklärten Anlaß der Regelung, persönlich beteiligt sind. Demnach besteht keine echte Rechtfertigung dafür, selbst diese Vertrauenspersonen in den Lauschangriff miteinzubeziehen; der gesamtgesellschaftliche Schaden wäre dabei meines Erachtens größer als der mögliche Nutzen.

Erlauben Sie mir als einem Repräsentanten einer heutigen Oppositionspartei auch einen gewissen Mißtrauensvorschuß. Wie sehr mir auch der personelle Wechsel in der Leitung des


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