Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 70

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Untersuchung, dafür genügt es, Bilanzanalysen zu studieren. Alle Betriebe, die Minuskapital aufweisen, sind sowieso ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) Ich werde Ihnen das schon sagen, Herr Kollege! (Bundesrat Dr. Tremmel: Kollege Kaufmann! Ihre Alternative kann doch nicht sein, daß alle diese Leute zum Konkursrichter gehen! – Weitere Zwischenrufe.)

Es gibt in Italien ein Verfahren, auf das ich gleich zu sprechen kommen werde. Der Herr Ministerialrat hätte, statt seine Rundreise nur bis Kärnten zu erstrecken, auch nach Tarvis oder vielleicht gar bis Udine reisen sollen. Dort hätte er auf ein Verfahren aufmerksam werden können, das dem amerikanischen Chapter-11-Verfahren entspricht. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) Ich werde Ihnen das später sagen, Herr Kollege! Denn es gibt zwischen diesen beiden Verfahren einen beträchtlichen Unterschied.

Meine Damen und Herren! Ein Unternehmen, das zwar noch nicht zahlungsunfähig und überschuldet ist, wohl aber diesen Frühwarnindikatoren entspricht, hat dieses Verfahren in Gang zu setzen. Sie kennen die Praxis der Gerichte in Österreich: Der Unternehmer geht zum Gericht, der Richter überprüft, der Konkursrichter eröffnet das Verfahren und zieht einen Wirtschaftsfachmann bei. Anschließend wird der Unternehmer um Vorlage eines Sanierungsplans ersucht, hat dafür aber nur 60 Tage Zeit. Die kleinen Unternehmer in Österreich werden sich angesichts dieser 60-Tage-Frist schwertun.

Das Gericht bestellt einen eigenen Sanierungsprüfer. Aufschlußreich ist, daß der Antragsteller sofort einen Vorschuß für die Kosten dieses Prüfers zu hinterlegen hat. Es ist bei Gericht sehr oft das Wichtigste, daß ein Kostenvorschuß geleistet wird, damit die Anwälte, Sachverständigen und Prüfer ihre Honorare bekommen können. Der Vorschuß muß also hinterlegt werden, da sonst nicht weitergeprüft wird. Das dauert dann wieder 30 Tage, und so geht es weiter. Schließlich kommt der Sanierungsprüfer zu dem Ergebnis, daß etwas geschehen muß.

Wenn der Sanierungsplan erfolgversprechend ist, wird das Verfahren aufgehoben. Darüber kommt aber interessanterweise kein Beschluß zustande. Weil darüber kein Beschluß gefaßt wird, meine Damen und Herren, gibt es keine rechtliche Konsequenz. Zwar wird die Umsetzung in irgendeiner Weise von irgend jemandem überprüft, aber es gibt keine Konsequenz. Mir drängt sich dabei die Frage auf, warum zu diesem Zweck unbedingt Gerichte tätig werden müssen. Was jeder ordentliche Kaufmann ohnehin tun muß, nämlich die Lage zu checken, wenn es ihm schlecht geht, und den aktuellen Status zu erheben sowie weiters zu überlegen, wo er einsparen, umorganisieren oder ein Moratorium erreichen kann, das soll ihm jetzt vom Staat beziehungsweise von den Gerichten abgenommen werden.

Ich komme nun auf die Haftung zu sprechen. Wenn eine Kapitalgesellschaft – also eine GesmbH oder eine Aktiengesellschaft – oder eine Genossenschaft mit mehr als 50 Arbeitnehmern bei Vorliegen von Frühwarnindikatoren nicht unverzüglich das Sanierungsverfahren beantragt und wenn es innerhalb der zwei darauffolgenden Jahre zu einem Insolvenzverfahren kommt, so haften die Organe laut Gesetz solidarisch bis zur Höhe von 1 Million Schilling. Das ist sicherlich positiv zu bewerten, aber auch bisher schon haben die Haftungsbestimmungen für Geschäftsführer gegolten.

Damit komme ich zu einem Problem, das Ihnen, Herr Dr. Kaufmann, sicherlich auch aufgefallen ist. Die Frage der Geheimhaltung dieses Verfahrens stellt ein nicht unwesentliches Problem dar. Es ist von besonderer Bedeutung, das Verfahren geheim abzuwickeln. Denn wenn das Verfahren nicht geheim bleibt, wird die Bonität des Unternehmers in Zweifel gezogen, werden die Lieferanten Käufen auf Ziel nicht mehr zustimmen und Barzahlung verlangen, werden Wechsel fällig gestellt werden, werden Banken Überziehungsmöglichkeiten einschränken und werden Klagen eingebracht werden.

Hinsichtlich der Geheimhaltung haben wir unsere Bedenken, da alle Gläubigerschutzverbände – wie KSV oder Alpenländischer Kreditorenverband – einbezogen sind. Damit ist die Geheimhaltung in Frage gestellt, denn – das wissen alle, die sich mit dem Thema beschäftigen – der Kreditschutzverband bringt monatlich eine lange Liste heraus, in der alle Exekutionen aufgelistet sind. Das gibt es gegliedert nach Ortschaften und Branchen, sodaß jeder wissen kann, wer


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