Bundesrat Stenographisches Protokoll 630. Sitzung / Seite 34

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lich durch die Verlängerung des Zivildienstes auf 12 Monate stabilisiert. Daß dies erst zu einem so späten Zeitpunkt möglich war, ist bedauerlich. Nicht zuletzt möchte ich als Erfolg diverse Neuerungen im Rüstungsbereich erwähnen, die, wie etwa der Ankauf von Lenkwaffen, die Beschaffung von Radschützenpanzern sowie der Beschluß zum Ankauf des sogenannten Mech-Pakets – also Kampfpanzer, Leopard II, Jaguar, Ascot, Pandur und so weiter – die ärgsten Mängel beseitigen.

Zu den Zukunftsperspektiven: Österreichs Sicherheitspolitik steht vor einer Reihe grundlegender Richtungsentscheidungen. Für eine effektive militärische Landesverteidigung zum Schutz Österreichs sind aus meiner Sicht folgende Elemente essentiell: Zunächst der Beitritt zur NATO. Zweiter essentieller Punkt ist zunächst einmal auf jeden Fall die Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht, zumindest auf absehbare Zeit bis zu einer wesentlichen Vergrößerung der NATO in unserem Nachbarbereich, das heißt aber auch sehr weit im Osten. Weiters: effiziente Geräteausstattung, planbare Budgetansätze entsprechend der Größenordnung, ein entsprechender politischer Rückhalt der militärischen Landesverteidigung als Signal des Selbstbehauptungswillens Österreichs. Daß auch den Frauen das Bundesheer offensteht, ist eine äußerst positive Sache.

Erlauben Sie mir ein paar Bemerkungen.

Beitritt zur NATO: Die reale Entscheidung ist bereits gefallen. Wir brauchen eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die zur Verfügung stehenden Finanzmittel und das damit verbundene Rüstungsniveau lassen eine eigenständige, umfassend ausgerüstete Verteidigung nicht zu.

Eine solche ließe sich nur mit einer massiven Erhöhung des Verteidigungsbudgets realisieren, die politisch irreal ist, wobei ich an dieser Stelle anmerken möchte, daß gerade jene, die am heftigsten gegen einen NATO-Beitritt opponieren, seit Jahren vehement gegen eine effektive, eigenständige Landesverteidigung und die Bereitstellung der dafür nötigen Mittel auftreten. Ein NATO-Beitritt bringt meiner Meinung nach ein Höchstmaß an Sicherheit bei dem vorhandenen Ressourcenrahmen mit sich.

Zur Frage allgemeine Wehrpflicht als personelle Basis: Die zweite Notwendigkeit ist meiner Meinung nach die Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht als personelle Basis. Ein Berufsheer ist meiner Auffassung nach für österreichische Verhältnisse zurzeit keine Lösung. Nach einer wesentlichen Ausweitung der NATO in Mitteleuropa unter Beiziehung Österreichs wird sich zeigen, ob wir über diese Frage diskutieren können.

Abzulehnen ist meiner Meinung nach ein Berufsheer aus folgenden Gründen: Die zu geringe Größe – die diesbezüglich kolportierten Zahlen betragen 20 000 bis 30 000 Personen –, die etwa mit dem derzeitigen Planstellenrahmen vergleichbar ist, reicht nicht aus, um die derzeit erforderlichen Kräfte für Assistenzen, für Auslandseinsätze sowie vor allem für eine Landesverteidigung an sich aufzubringen. Man darf dabei unsere geographische Situation in der Mitte Europas nicht vergessen.

Eine Folge dieser geringen Größe wäre ein Mangel an Infanterie. Gerade diese Waffengattung in einer zeitgemäßen Form ist nicht nötig, um die heute aktuellen Bedrohungen durch einen Sicherungseinsatz an der Grenze oder durch einen Sicherungseinsatz gegen subkonventionelle beziehungsweise terroristische Kräfte zu bewältigen. Technik kann Mannstärke ersetzen – dies trifft hier nicht zu. Gerade die Grenzgebiete bei uns in der Steiermark, aber auch in Kärnten zeigen, daß nur eine hohe Zahl an Soldaten eine solche Grenze, wenn es nötig ist, dichtmachen kann.

Auch bei einem NATO-Beitritt ist meiner Meinung nach ein Berufsheer noch nicht zwangsläufig sinnvoll. Ein kleiner Teil als Bereitschaftstruppe für internationale Einsätze wird sicherlich notwendig sein. Die überwiegende Masse des Heeres muß jedoch nach dem System der allgemeinen Wehrpflicht organisiert sein, um die nötige Zahl an Truppen aufzubieten. Es kann sich natürlich mit dem europäischen Einigungsprozeß und mit den entsprechenden Veränderungen die Fragestellung auch anders positionieren.


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