Bundesrat Stenographisches Protokoll 630. Sitzung / Seite 61

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Ich darf nunmehr zum Situationsbericht kommen. Herr Minister! Ihren allgemeinen Ausführungen darüber kann ich nicht beipflichten. Der Situationsbericht ist vernebelnd, verdeckend und entspricht nicht der Realität. Sie haben als positives Beispiel die Ausbildung genannt. Jawohl, das hat sich teilweise geändert. Sie haben über gewisse Ausrüstungsbereiche gesprochen. Ein schlagendes Gegenargument – obwohl er das sicherlich nicht im Sinn hatte – hat Kollege Tusek mit der Panzerwaffe der Schweiz gebracht. Vergleichen Sie das auch mit den anderen Anrainerstaaten, dann werden Sie draufkommen, daß wir dabei die kleinsten der Kleinen sind, und zwar nicht nur beim Budget, bei dem wir mit 0,85 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hinter Luxemburg die letzten in ganz Europa sind. Soviel wenden wir für unsere Sicherheit auf, daß wir diesbezüglich die letzten sind! Wir wollen immer die ersten sein. Das müßte uns ein bißchen mehr wert sein.

Ich darf Sie weiters auf einige Dinge hinweisen, die man aus dem Sicherheitsbericht direkt herauslesen kann. Sie verfügen über eine relativ kurzzeitig verfügbare Einsatztruppe von rund 15 000 Mann: 10 000 Mann Kaderpersonal, 5 000 aus dem Milizbereich. Diese sollten verfügbar sein, sind es aber nicht, und ich darf Ihnen auch den Grund dafür sagen. Sie wenden derzeit für den Schutz von 1 250 Kilometer Außengrenze 2 000 Mann auf und haben in Ihrem Konzept weitere 400 Mann für die Nordgrenze vorgesehen. Rund 1 000 Leute befinden sich im Auslandseinsatz. Gleich in der nächsten Zeile kommen Sie darauf zu sprechen, daß das Bundesheer, wenn es irgendwo Brennpunkte oder Gefahrenstellen gibt, demonstrative Präsenz zeigen wird. Was heißt das? Ist vielleicht ein Soldat eine demonstrative Präsenz?

Herr Minister! Ich denke, dieser Bereich ist eindeutig zu niedrig angesetzt. Es wäre Ihnen gut angestanden, wenn Sie es wie bei Ihrem NATO-Beitrag gehalten hätten. Wenn eine Meinung richtig ist, dann wird man nicht immer gleich Zustimmung finden. Das kommt langsam, und das ist notwendig in einem demokratischen Land wie Österreich oder auch in der Koalition: Da müssen eben alle beide zustimmen, wie in einer Ehe, auch wenn es kriselt. Aber in diesem Fall hätten Sie die Wahrheit sagen können: Es liegt eine Unterdotierung vor. – Das mit "Verzichtsplan" zu umschreiben, ist zuwenig, Herr Minister!

So könnte man hier auf einige Dinge hinweisen. Ich greife das Thema Überwachungsflugzeuge heraus, weil es heute nur ganz kurz angesprochen worden ist. In dem Bericht steht, daß 1998 der letztmögliche Zeitpunkt ist, zu dem eine Entscheidung fallen muß. Die Entscheidungsvorbereitung für den Ankauf des damals gewählten Abfangjägers Draken hat drei Jahre in Anspruch genommen. Daher stimmte die zeitliche Vorgabe nicht mehr, die Sie angeben.

Ich möchte noch andere Beispiele erwähnen. Ich bin als kleiner österreichischer Staatsbürger wie auch als Reserveoffizier durchaus stolz auf den Ausbildungsgrad unserer Soldaten, aber es erschreckt mich, wenn ich sehe – dabei werden die Argumente verkehrt –, wie leichtfertig und wie schlecht mit Material ausgestattet unsere Soldaten manchmal ins Ausland geschickt werden. Erinnern Sie sich an den Bosnien-Einsatz! Monatelang mußte das Material teilweise im Ausland angefordert werden, auch mußte diese Transportkompanie in Gratkorn erst einigermaßen kugelsicher gemacht werden. Was ist, wenn wir irgendwo anders solch ein Fahrzeug brauchen? – Wir haben gar keines. Derzeit haben wir so etwas nicht zur Verfügung, und es ist einfach unverantwortlich, unsere durchaus gut ausgebildeten Soldaten sich mit schlechtem Material der Realität stellen zu lassen. Das ist das tatsächliche Problem.

Herr Minister! Ich hätte erwartet, daß Sie in dem Situationsbericht – deshalb muß man nicht gleich zurücktreten – schonungslos die Wahrheit sagen und ebenso schonungslos aufzeigen, daß wir nicht nur chronisch unterdotiert sind, sondern daß es zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben ist, was derzeit im Budget dafür vorgesehen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Um solche Offenheit möchte ich Sie bitten. Ob das eine Koalitionsfrage ist oder nicht, das ist Ihr Problem. Aber es ist eine Frage der Sicherheit unseres Landes, und es geht darum, daß Sie die Sicherheit unseres Staates, die Sicherheit unserer Menschen mit einem entsprechend ausgestatteten Bundesheer zu einer besonderen Priorität der nächsten Verhandlungen machen. Das würde ich mir wünschen. Leider Gottes, Herr Minister, können wir – wie schon die Vorredner aus


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