Bundesrat Stenographisches Protokoll 630. Sitzung / Seite 73

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich darf zuerst auf Südtirol zu sprechen kommen: Wie groß das Interesse des Außenamtes an der Südtirolpolitik ist und welche Herzensangelegenheit Südtirol der Bundesregierung zu sein scheint, kann man am Umfang, der der Thematik Südtirol in diesem Bericht gewidmet ist, ermessen: Der diesbezügliche Bericht beschränkt sich auf eine knappe Seite. Dies scheint mir aber nicht nur von der Quantität her zu wenig zu sein – Kollegin Riess-Passer hat schon darauf hingewiesen, daß hier sehr gekürzt wurde –, sondern diese knappe Seite ist auch von der Qualität her mehr als dürftig.

Ich möchte auf ein paar konkrete Punkte eingehen. Im Bericht steht zum Beispiel – ich zitiere –: "Das Ziel der Errichtung universitärer Strukturen in Südtirol bei gleichzeitiger Erhaltung der Funktion Innsbrucks als Landesuniversität wurde weiter verfolgt." Das ist alles, meine Damen und Herren! Man muß dabei bedenken, daß die Landesuniversität für uns Tiroler eine sehr wichtige Institution ist, vor allem im Hinblick auf die immer wieder gepredigte kulturelle Landeseinheit. Es wäre für uns sehr wichtig, zu wissen, welche universitären Strukturen in Südtirol geschaffen werden, in welchem Umfang sie geschaffen werden, wer dafür aufkommen wird, wer sie einrichten wird, von wem sie betreut werden und so weiter. Denn die Landesuniversität wollen wir uns nicht als solche wegnehmen und durch Konkurrenzinstitute in anderen Landesteilen unterminieren lassen. Ferner möchte ich folgendes zitieren: "Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Südtirol und dem Bundesland Tirol, die sich schließlich gemeinsam mit dem Trentino zu einer ,Europaregion Tirol’ verdichten soll, wurde pragmatisch und projektbezogen weiterverfolgt." Wieder einmal ist von etwas die Rede, das weiterverfolgt wurde! Aber auch hier ist kein konkreter Ansatzpunkt vorhanden.

Zuerst müßte man einmal wissen, ob die Trentiner überhaupt bei einer "Europaregion Tirol" mitmachen wollen, nachdem sich die Vorarlberger, was ich ganz gut verstehen kann, aus dieser Region bereits verabschiedet haben, weil sie letztendlich einer anderen Region, der Bodensee-Region, angehören.

Wir als Deutsch-Tiroler wollen die Welsch-Tiroler, wie man diese in der Geschichte genannt hat, sicherlich nicht ausschließen, aber sie haben sich noch nicht deklariert. Eine Delegation des Bundesrates unter dem damaligen Präsidenten Kollegen Jaud hat diese Europa-Region einmal besucht, war auch im Trentino und hat mit Ministerpräsident Andreotti darüber gesprochen. Auch er konnte sich in dieser Frage noch nicht festlegen, geschweige denn, daß konkrete Maßnahmen oder Projekte vorgelegt worden wären. – Ich hätte mir schon erwartet und erhofft, daß, wenn diese "Europa-Region" Tirol schon angesprochen wird, auch bestimmte Projekte, bestimmte Maßnahmen, bestimmte Zielsetzungen im Außenpolitischen Bericht angeführt werden.

Weiters heißt es im Bericht: "Im Sommer hat Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro 24 Südtiroler Aktivisten der sechziger Jahre gnadenweise in ihre bürgerlichen Rechte wiedereingesetzt." – Es ist sehr erfreulich, daß dies geschehen ist. Es fehlt mir jedoch in diesem Zusammenhang ein aktueller Name. Frau Staatssekretärin! Ich meine Karola Unterkircher. Sie werden diesen Namen kennen, viele hier aber nicht, und daher möchte ich kurz berichten:

Frau Unterkircher wurde Anfang der neunziger Jahre von einem italienischen Gericht wegen strafbarer Handlungen und des Vorwurfes des Terrorismus im Zusammenhang mit der Bewegung "Ein Tirol" in Abwesenheit verurteilt. Der Hauptbelastungszeuge ist ein Mann, dessen Strafregister und Vorstrafen auf insgesamt sieben DIN A4-Seiten zu finden sind.

Frau Unterkircher ist österreichische Staatsbürgerin, wohnhaft in Terfens im Tiroler Unterland. Im August 1994 wurde sie offensichtlich, denn anders kann man sich das nicht erklären, vom italienischen Geheimdienst an die Staatsgrenze auf dem Timmelsjoch gelockt und dort von Agenten des italienischen Staatsdienstes gekidnappt und der italienischen Strafjustiz übergeben. Seit drei Jahren sitzt diese österreichische Staatsbürgerin nun in einem Gefängnis in Bozen. (Bundesrätin Crepaz: In Mailand!)

Es wäre meiner Meinung nach angemessen, dieser Tatsache oder diesem Sachverhalt im Bericht Rechnung zu tragen. Denn immerhin ist es ungewöhnlich, meine Damen und Herren, wenn ein Staatsbürger oder eine Staatsbürgerin eines Landes von den Sicherheitsbehörden eines


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite