Bundesrat Stenographisches Protokoll 630. Sitzung / Seite 85

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stande gebracht worden sind. Ich weiß, daß dieses Projekt lange Zeit benötigt, und es dauert auch einige Zeit, bis man die Erfolge messen kann. Es sind engagierte Menschen, die dort tätig sind, und es ist durchaus ein Erfolg, daß die Geldmittel direkt eingesetzt werden, daß sie in Projekten eingesetzt werden, die dem Land nützen, aber auch der Industrie, die dort investiert. Das ist eine Art und Weise, wie ich mir Entwicklungshilfe vorstellen kann.

Wenn ich jedoch hier im Bericht lese, was über den Alpentransit geschrieben wird, gnädige Frau, dann muß ich sagen, daß dabei vernebelt wird. Im großen und ganzen wird in dieser Passage auf eineinhalb Seiten dargetan, daß der Alpentransit ein Erfolg sei und die Ökopunkte zurückgegangen wären. Wie aber sieht es in der Praxis aus? – Als einen der Hauptpunkte hat der damalige Finanzminister Klima genannt, daß die EU die Alpenpassage mitfinanzieren soll. Mit der Ankündigung, daß das so geschehen sollte, ist er an die Öffentlichkeit getreten – bis dann Kommissär Neil Kinnock kam und sagte: Jeder, der glaubt, daß die EU das bezahlt, der ist ein Narr.

Es waren die Schweizer, die uns auf der Verkehrskonferenz in Lausanne retteten. Sie forderten, daß in Europa etwas getan werden müsse. Denn sie richten ihre verkehrsmäßige Infrastruktur so aus, daß alles per Bahn oder im Tunnel geführt wird. Das Nadelöhr dabei wird die Alpenpassage in Österreich sein. Das, gnädige Frau, ist kein Erfolg.

Über SFOR und IFOR möchte ich nicht mehr sprechen, da ich das vorhin schon getan habe. Daß gut ausgebildete österreichische Soldaten im Ausland tätig sind, ist, wie vorhin gesagt, zu begrüßen. Wünschenswert wäre es, daß sie mit qualitativ bestmöglichem Material ausgestattet werden. Das ist derzeit nicht immer der Fall, es ist aber die Voraussetzung, unter der wir unsere Soldaten zur friedensstiftenden Mission schicken sollten.

Mit einem Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, komme ich zum Schluß. Ich habe an Ihren Herrn Außenminister eine Anfrage bezüglich Tschechiens – Benes-Dekrete – und Sloweniens – Jajce-Gesetze – sowie AVNO-Gesetze gerichtet. Er hat diese Problematik durchaus erkannt, hat aber ausgeführt, daß das eine bilaterale Angelegenheit sei. Dagegen muß aufgetreten werden. Es hat dort Menschenrechtsverletzungen in ungeheurem Ausmaß gegeben, die den Holocaust-Verbrechen durchaus gleichzustellen sind, und das ist keine bilaterale Angelegenheit! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Abgesehen davon, gnädige Frau, ist die europäische Menschenrechtskonvention ein Rechtsbestand der Europäischen Union, sodaß es schon ergo dessen keine bilaterale Angelegenheit ist.

Es ist nur gut und billig für die Opfer und die Toten – wer seine Toten nicht ehrt, der hat keine Zukunft –, daß wir darauf dringen, daß zumindest die Grabstätten hergerichtet werden können oder – so wie es die Italiener kürzlich forderten – daß die Geschädigten ein Vorkaufsrecht haben. Wir gehen soundso historisch darüber hinweg, daß dort ein Gebietsraub erfolgte, der in keiner Weise zu rechtfertigen ist und der Opfer in ungeheurem Ausmaß gefordert hat, überdies mit einer Bestialität durchgeführt wurde, die es sonst nirgends gegeben hat. Ich bewundere – das möchte ich hinzufügen – den Mut von Herrn Simon Wiesenthal oder die Toleranz von Herrn Bert Linder, der leider Gottes bei der Präsentation seines Buches "Verdammt ohne Urteil" in Graz gestorben ist, daß sie für ihre Ethnien, für die Menschenverständigung und für ihr Volk eingetreten sind.

Ich verstehe nicht, daß wir das in diesem Hause und in der Republik Österreich nicht in gleichem Ausmaß für unsere seinerzeit Ermordeten tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren! Wenn wir dazu Gelegenheit haben, dann sollten wir das bei den Verträgen, die anläßlich eines EU-Beitrittes notwendig sind – das entsprechende Avis wird ja bald kommen –, mit der entsprechenden Vornehmheit, aber auch mit der entsprechenden Bestimmtheit tun. Das ist ein Wunsch – weil das sonst überhaupt nicht aufscheint –, und es ist für mich ein Herzensanliegen, daß das hier endlich einmal gesagt wird. Denn Tote können sich nicht mehr wehren, auch deshalb nicht, weil sie nicht einmal mehr Grabsteine haben, sondern in Schächten eingemauert oder sonstwie bestialisch umgebracht wurden. Sie können sich nicht mehr wehren. Wir haben die Aufgabe, als folgende Generation für Frieden zu sorgen, aber wir haben auch dafür zu sorgen, daß unseren Toten Gerechtigkeit widerfährt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.13


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