Bundesrat Stenographisches Protokoll 630. Sitzung / Seite 113

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le in Norwegen selbst verkaufen lassen, forderten sie gleichzeitig die Aufhebung des Exportverbotes. So könnte das Walfleisch nach Japan exportiert werden, wo der Verkauf noch weit höheren Profit garantiert.

Auch Norwegens Wissenschafter und Politiker sind einer Quotenerhöhung nicht abgeneigt. So erklärte der norwegische Fischereiminister schon 1993 auf einer Pressekonferenz, daß ein Abschuß von 2 000 bis 4 000 Walen unproblematisch sei. Fragt sich allerdings für wen, denn ein Abschuß von durchschnittlich 2 000 Minkewalen jährlich führte in den Hoch-Zeiten des Walfanges zu einer Abnahme des Bestandes um fast 50 Prozent. Eine Folge dieser dramatischen Entwicklung war, daß die IWC den Minkewal 1985 unter Schutz stellte.

Im Mai stachen Norwegens Walfänger wieder in See. Laut Quote dürfen sie diesmal 580 Zwergwale in der Nordsee und im Nordatlantik erlegen – 155 Wale mehr als im Vorjahr. Die höhere Quote zeigt Norwegens härtere Gangart gegenüber der internationalen Walfangkommission. Dabei liegen noch 400 Tonnen Walspeck aus dem Vorjahr in den Kühlhäusern, wie die norwegische Tageszeitung "Nordlys" meldet. Mit einer 250 000 Mark teuren Kampagne soll den Norwegern nun das Walfleisch schmackhaft gemacht werden. Die Walfänger drängen auf eine Aufhebung des Exportverbots: Dann könnte Norwegen Walspeck und Walfleisch etwa – wie schon angedeutet – nach Japan verkaufen. Dort gelten die Meeressäuger als Delikatesse. – Soweit die Walfangsituation aus norwegischer Sicht.

Ich gestatte mir jetzt, einige persönliche Anmerkungen zu machen, von denen ich weiß, daß sie sich mit dem Standpunkt meiner Fraktion decken.

Vorangestellt sei, daß Wirtschaftsinteressen vielfältig und vielseitig sein können. Jeder von uns kennt Lebertran, wir durften ihn als Kind in der Nachkriegszeit – und wahrscheinlich schon davor in der Zwischenkriegszeit – für den Knochenaufbau einnehmen. Das Delikate daran konnte ich niemals feststellen, aber geholfen – das gebe ich zu – hat es in einer sehr entbehrungsreichen Zeit. Das Fleisch kann ich selbst nicht beurteilen, da ich keine persönlichen Freunde habe, die jemals Walfleisch gegessen hätten. Ich weiß auch, daß wir inzwischen nicht mehr darauf angewiesen sind, Walknochen als Mieder, für Korsetts oder andere Ersatzmittel in der Bekleidungsbranche zu verwenden.

Japans wissenschaftliche und wirtschaftliche Interessen sehen allerdings etwas anders aus. Wenn man zum Beispiel weiß, daß Japaner bereit sind, für 1 Gramm – wohlgemerkt: 1 Gramm! – getrocknete Tigergalle 1 000 Dollar auf den Tisch zu legen, um die eigene Potenz erhöht zu wissen, so wirft das ein bezeichnendes Licht auf diese Art von Wirtschaftsinteressen. (Bundesrat Bieringer: Nur keinen Neid!) Herr Kollege Bieringer! Bei mir bedarf es keiner Galle, schon gar keiner getrockneten oder gemahlenen. (Heiterkeit.)

Eine weitere Delikatesse in Japan, die auch demselben Zweck dient, sind geriebene Bärenpenisse – das muß man sich vorstellen! Entsprechend sollen auch Nashornhörner gerieben die Männlichkeit in Japan und ebenfalls in China besonders herausstreichen. Allein deswegen werden unzählige Tiere auf dieser Welt abgeschlachtet: nur um diese paar Zentimeter oder Deka lebenswichtige Organe zu erhaschen. Der Rest des Tieres verendet und verfault.

Ich glaube, daß wir ganz besonders aufpassen müssen, wenn es "wissenschaftliche Zwecke" heißt. Bis heute – das hat Kollegin Mühlwerth bereits angeführt – hat man uns den wissenschaftlichen Nutzen von Walfang nicht deutlich machen können. Wenn man allerdings die Dinge, über die ich berichtet habe, als Untersuchungsgrundlage nimmt, mag das dahingestellt sein. Ich weiß dabei nur eines: Wir Europäer, und insbesondere wir Österreicher, können dem mit Sicherheit nichts abgewinnen!

Ich bin überdies der Meinung, daß Walfang im herkömmlichen Sinn Tierquälerei der übelsten Sorte ist. Wir wissen, daß Ureinwohner in Kajaks mit Speeren kleinere Wale erlegten. Man kann das nachlesen, wenn man sich ein bißchen über die Aleuten informiert. Vielen von uns ist der Film "Moby Dick" noch in besonderer Erinnerung, in dem es darum ging, eine persönliche Feindschaft zwischen Kapitän und Walfisch entsprechend unter die Menschen zu bringen. Dort hat


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