Bundesrat Stenographisches Protokoll 631. Sitzung / Seite 43

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Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir werden heute beide Vorlagen ablehnen, weil sie nicht im Interesse der österreichischen Bauern sind, weil sie hinsichtlich der Erhaltung der bäuerlichen Struktur, unserer Jungbauern und vor allem auch bezüglich der Absicherung im sozialen Bereich, nämlich der Bauernpensionisten, in keiner Weise Lösungen aufzeigen. Im Gegenteil, es treten von Jahr zu Jahr immer mehr Verschlechterungen ein. Wir können bei dieser Politik leider oder Gott sei Dank nicht mitmachen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Payer. – Bitte.

11.28

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich ersuche um Verständnis dafür, daß ich mir eine direkte Replik auf meinen Vorredner erspare, weil ich es ganz einfach für übertrieben finde, bei einer Diskussion andauernd Rücktrittsforderungen zu erheben. Auch ich werde Kritik anbringen, auch ich werde meine Bedenken zu einigen Punkten äußern, nur hoffe ich, daß ich das fundierter zusammenbringe und auch in einer solchen Form, daß die Würde des Hohen Hauses nicht gefährdet ist. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Harring. )

Der 38. Grüne Bericht, der zweite nach dem Beitritt Österreichs zur EU, ist meiner Meinung nach ein agrarpolitisches Dokument betreffend die Situation und Perspektiven der österreichischen Land- und Forstwirtschaft. Wichtig erscheint mir, daß er nicht nur die nationale, sondern auch die europäische Agrarpolitik darstellt und daß diese europäische Agrarpolitik mit der österreichischen verflochten gesehen wird. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ja das Gefährliche!) Meines Wissens nach gibt es keinen anderen Berufsstand in Österreich, der dies jährlich in einer ähnlichen Form tut.

Wir müssen natürlich feststellen, daß mit dem Klischee des Bauern als sein eigener Herr, der mit Umsicht sein Gut bewirtschaftet, aufgeräumt wird. Wer sich heute als Landwirt betätigt, muß nicht nur über Pflanzen und Tiere bestens Bescheid wissen, sondern auch in vielen anderen Dingen, etwa in rechtlichen Dingen, versiert sein.

Klar ist: Ohne Förderungen und Subventionen ist heute kein Landwirt überlebensfähig. Für die österreichische Agrarwirtschaft brachte der EU-Beitritt entscheidende Veränderungen. Der Wegfall des hohen Grenzschutzes, die Konfrontation mit dem internationalen Wettbewerb, die Abschaffung der Marktpreisstützungen – all das sind Probleme, die ich nicht verschweigen will.

Eine wesentliche Ausweitung der Bereitstellung öffentlicher Gelder für die Landwirtschaft war notwendig. Erwähnenswert dabei erscheint mir aber, daß in der Agrarstrukturpolitik der EU lediglich ein gemeinschaftlicher Rahmen vorgegeben wird und daß bei der nationalen Umsetzung die einzelnen Länder mitverantwortlich sind. Das ist die Chance, österreichische Lösungen, österreichische Ansatzpunkte voranzutreiben.

Man sollte dabei aber nicht verschweigen, daß es seit dem Wahlkampf 1995 in der österreichischen Innenpolitik zwischen den beiden Koalitionspartnern eine harte und langandauernde Auseinandersetzung um eine gerechtere Verteilung der Agrarförderungen gegeben hat. Die Betonung liegt auf "gegeben hat", denn in der Zwischenzeit gibt es, nach langen und zähen Verhandlungen, ein Parteienübereinkommen über eine meiner Meinung nach gerechtere Verteilung der Agrarförderung. Dieses Übereinkommen ist somit auch ein Beweis für die Handlungsfähigkeit, ein Beweis für die Kompromißbereitschaft, ein Beweis für die Kompromißfähigkeit der Regierungspartner. Trotz massiver Unkenrufe seitens der Opposition beweist unsere Koalitionsregierung in noch so schwierigen Fragen – und landwirtschaftliche Fragen sind schwierig! – Handlungsqualität, und das wird auch zukünftig so sein.

Wir Sozialdemokraten vertraten 1995 sehr vehement die Forderung nach einer sozialen Staffelung der Fördergelder. Wir wollten einen Mindestsockelbetrag für Kleinbetriebe und eine Obergrenze für Großgrundbesitzer. Das ausgezeichnete Tabellenmaterial im Grünen Bericht 1996 ist ein Beweis für die Richtigkeit unserer damaligen Forderungen. Der kurze blau-schwarze Probe


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