Bundesrat Stenographisches Protokoll 631. Sitzung / Seite 56

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Herr Bundesminister! Ihre Bemerkungen jedoch stimmen schon nicht mehr ganz mit dem, was ich aus dem Bericht herauslese, überein. Die agrarpolitische Situation könnte schlagworthaft dargestellt werden, wenn ich sage: ein Minister hilflos, die Koalitionspartner ratlos, die Bauern mittellos bis mutlos – und die FP-Opposition zum Glück nicht sprachlos. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Prähauser: Nur orientierungslos! – Bundesrat Ing. Penz: Und Ihre Rede sinnlos!)

Herr Kollege! Das sei Ihnen unbenommen. Ich werde mir nicht die Freiheit nehmen, Ihre Rede so zu bezeichnen. Ich sage nur, Ihre Rede ist regierungskonform und trifft nicht die Anliegen der Bauern. Und wenn Sie meinen, daß das Sinn gibt, den Bauern nicht gerecht zu werden, dann werden Sie Ihrer Aufgabe nicht gerecht! Also lassen Sie es bitte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Bundesminister ist glücklich, daß die Umstellung in so kurzer Zeit gelungen ist. Herr Bundesminister! Sie erinnern mich dabei an den Leiter einer Sterbeklinik, der froh ist, daß schmerzlos zu Tode gepflegt worden ist. Diesen Vorwurf muß man machen. Seit wir der EU beigetreten sind, sind 40 000 bis 50 000 Bauern von ihrem Hof abgewandert. (Bundesminister Mag.  Molterer: Das ist falsch!) Kurz könnte man sagen: Ave Molterer, in morituri te salutant!

Ihr Einwurf, Barazon fordere eine industrialisierte Landwirtschaft, trifft auch nicht zu. Er hat nur erwähnt, daß wir uns auf eine industrialisierte Landwirtschaft zubewegen. Und das ist etwas anderes, als wenn er sie fordert. (Bundesrat Dr. Linzer: Wir sind ja nicht auf der Löwingerbühne!)

Wie steht es mit der Landwirtschaft? – Die Bäuerinnen haben ein gutes Gespür dafür. Im Grünen Bericht gibt es eine Statistik, wonach die Wertschätzung der Bäuerinnen dem gilt, daß sie eine ganztägige Kinderbetreuung haben, nämlich mit 50 Prozent, aber das Mißfallen mit 63 Prozent drückt sich durch die Abhängigkeit von Förderungen aus. Die Naturverbundenheit befindet sich mit 46 Prozent im positiven Bereich, aber das geringe Familieneinkommen mit 44 Prozent im negativen, die Selbständigkeit mit 41 Prozent im positiven, aber kein eigenes Einkommen der Bäuerinnen mit 36 Prozent im negativen Bereich. – Sie sehen, das sind mit Gründe, warum der Landwirt, der Bauer, seinen Hof verläßt.

Es werden immer wieder die Veränderungen der bisherigen Rahmenbedingungen durch den EU-Beitritt erwähnt. Damit wird auch der Abbau des notwendigen Grenzschutzes angesprochen. – Ich weiß auch nicht, warum immer alles so notwendig ist. Erst treten wir als Vorzugsschüler auf, und dann wundern wir uns, daß für bestimmte Berufsgruppen in Österreich die Situation nicht besser wird oder zumindest nicht so gehalten werden kann, wie sie ist.

Auch wird erwähnt, daß auch ohne EU-Mitgliedschaft unvermeidliche Konsolidierungen der öffentlichen Haushalte notwendig wären. – Wie wahr! Total richtig. Nur: Ohne EU-Mitgliedschaft hätten wir es als Parlament selbst in der Hand gehabt, den Zeitplan der Konsolidierung festzulegen und müßten nicht dem Phantom der 3 Prozent und 60 Prozent und was es da an x-Prozentrechnungen gibt, nachjagen, was im Endeffekt zum Nachteil einer Berufsgruppe, über die wir heute sprechen, und insgesamt wahrscheinlich zum Nachteil Österreichs als Industriestandort ist, denn es werden ständig Arbeitskräfte abgebaut und Industrien verlagert – und all das, weil wir einer Globalisierung frönen, die unserem Staat, die unserer Volkswirtschaft einfach nicht entspricht. (Bundesrat Hüttmayr: Das glauben Sie alles selbst nicht, was Sie da sagen!) Das macht mir nichts, wenn Sie es nicht glauben. (Bundesrat Hüttmayr: Gott sei Dank!) Lassen Sie mir meine Gläubigkeit, ich lasse Ihnen die Ihre. Deswegen stehen wir auf zwei verschiedenen Seiten, Herr Kollege!

Die Sparprogramme werden natürlich in Verbindung mit den strengen Maastricht-Kriterien gebracht. Wie ich schon sagte, wir haben es nicht in der Hand, die Sparprogramme festzulegen, Sie werden uns gewissermaßen, durch unseren Zwang, Vorzugschüler sein zu wollen, vorgeschrieben.

Es fehlen natürlich auch alle Vergleichsszenarien, um sagen zu können, wie es wäre, wenn wir nicht bei der EU wären. Immer wieder hört man, wie schrecklich es wäre, wenn wir nicht in der EU wären. Wir sind in keiner physikalischen Anstalt, in der wir untersuchen könnten, ob der


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