Bundesrat Stenographisches Protokoll 631. Sitzung / Seite 58

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

desminister Mag. Molterer: Das nächste Mal schreibe ich die Unwahrheit!) – Nein, die Unwahrheit nicht, aber wenn Sie die Wahrheit hineinschreiben, dann müssen Sie auch danach handeln, indem Sie sagen, das muß sich ändern. Sie bieten keine Alternative an, Herr Bundesminister! (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag. Molterer. ) Ich glaube, das sind die unterschiedlichen Betrachtungsweisen.

Im Zusammenhang mit den Zukunftschancen der Landwirtschaft im Zuge der Diskussion über die Öffnung der Agrarmärkte steht auf Seite 11 etwas über die Verunsicherung der bäuerlichen Bevölkerung. Verunsicherung der bäuerlichen Bevölkerung! Wenn schon in dem Bericht von einer Verunsicherung der bäuerlichen Bevölkerung geschrieben wird und diese unter anderem auf die Uruguay-Runden, auf GATT, WTO, Ostöffnung und EU-Integration zurückgeführt wird, dann frage ich mich, was der Herr Bundesminister gegen diese Verunsicherung macht. – Ich erwarte, daß Sie positive Maßnahmen setzen und nicht zugeben, daß es überhaupt Verunsicherungen gibt. Sie sind nun schon seit ein paar Jahren Minister, Herr Bundesminister, also Sie können doch nicht sagen, daß Ihr Haus zur Verunsicherung beiträgt. Da geht die Offenheit entschieden zu weit, Herr Bundesminister! Sie dürfen gar nicht zulassen, daß eine Verunsicherung eintritt.

Die Einkommen – das steht auf Seite 9 – fielen um rund 10 Prozent, nicht um rund 3 Prozent, ich glaube, ich habe Sie richtig verstanden, Herr Bundesminister! Die Kürzungen und Subventionen, die zur Abfederung der vereinbarten, degressiven Ausgleichszahlung dienen, und die höhere Belastung durch die indirekten Steuern sind daran mitschuld. Was hat das Ministerium gegen eine höhere Belastung durch indirekte Steuern der Land- und Forstwirte getan? – Mir ist keine Initiative im Haus bekannt, mit der die bäuerliche Bevölkerung entlastet worden wäre.

Der erweiterte Welthandel führt zum Abbau des arbeits- und sozialrechtlichen Niveaus – das steht auch drinnen, Herr Kollege! Wozu gab es 40 bis 50 Jahre Aufbauleistung, Herr Bundesminister, wenn wir jetzt aufgrund des Beitritts in die verschiedenen überregionalen Organisationen einen Sozialabbau und einen Arbeitsabbau haben? Herr Kollege Drochter! Ihnen müßten doch die Haare zu Berge stehen, wenn man das sagt. Sie müßten mir zustimmen. (Bundesrat Drochter: Das tun sie, wenn ich Ihnen zuhöre! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Stichwort: Auseinanderklaffen der Einkommensschere der Bevölkerungsgruppen. Was heißt Auseinanderklaffen? – Das ist so, wie es in anderen, den freien, fast den Manchester-Liberalismus huldigenden Staaten der Fall ist. Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer, und die Mittelschicht verarmt auch. Ich muß Ihnen sagen, Österreich betreibt eine Politik, die gegen die Interessen der österreichischen Bevölkerung gerichtet ist.

Ich erinnere mich, als Ihr Vorgänger, Kommissar Fischler – Kommissar ist ein gefährliches Wort in dieser Funktion –, vom "Bauchladen Europas" gesprochen hat. (Rufe: Feinkostladen!) "Feinkostladen", "Feinkostbauchladen Europas". (Neuerliche Rufe: Feinkostladen!) Nur "Feinkostladen"? – Er hat einen Bauch, deswegen kam ich auf den "Feinkostbauchladen". (Rufe der Empörung bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Hüttmayr: Sie machen sich einen Spaß daraus!) Sie haben recht, lassen wir das.

Natürlich gibt es den "Feinkostladen Europas", aber der "Feinkostladen" kann doch nur funktionieren (Zwischenrufe des Bundesrates Hüttmayr ), wenn die Kaufkraft vorhanden ist. Und das ist nicht der Fall, die Kaufkraft sinkt. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrem deutschen Kollegen Borchert. Der stemmt sich gegen die EU-Agrarpläne, denn er prophezeit uns ein Sinken der Agrareinkommen (Bundesrat Hüttmayr – in Anspielung auf die den Saal verlassenden Besucher –: Schauen Sie, die Leute gehen jetzt nach Hause!) Haben Sie ein Glück, daß Sie nicht hier beim Rednerpult stehen, wenn die Besucher nach Hause gehen müssen. Da haben Sie ein Glück gehabt!

Borchert befürchtet Einkommensverluste der deutschen Landwirte von bis zu 20 Prozent. Das hat auch Auswirkungen bei uns, die Größenordnungen sind bei uns dieselben. – Bis zu 20 Prozent!


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite