Bundesrat Stenographisches Protokoll 631. Sitzung / Seite 70

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Kindern und Jugendlichen 1987 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich erspare mir deshalb die Verlesung.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Oktober 1997 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Dr. Günther Hummer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile es ihr.

13.43

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Die Abänderung des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 machen mich sehr nachdenklich, und zwar aus folgenden Gründen: Wir leben in einer Zeit, in der wir nicht mehr genügend Arbeitsplätze haben, in einer Zeit, in der viele Menschen arbeitslos sind. Wir leben auch in einer Zeit, in der Jugendliche keine Lehrstelle und Schulabgänger keine Arbeitsstelle mehr finden. Und in dieser Zeit produzieren wir Gesetze, mit denen wir zum Beispiel Jugendlichen verbieten, unter gewissen Umständen zu arbeiten, sei es, weil wir Ruhensbestimmungen vorschreiben, oder Lehrlingen vorschreiben, zum Beispiel im Gastgewerbe, daß sie nur bis 22 Uhr arbeiten dürfen, und so weiter. Jugendliche dürfen also auch dann nicht arbeiten, wenn sie es wollten.

Ich frage daher: Ist das sinnvoll? Ist das wirklich sinnvoll in einer Zeit wie dieser, in der jeder froh ist, einen Arbeitsplatz zu haben?

Es ist daher erfreulich, daß mit diesem Gesetz heute die Ruhensbestimmungen etwas gelockert werden. Es ist aber auch nicht verwunderlich, wenn Betriebe keine Lehrlinge mehr einstellen. Paradoxerweise werden dann von der Bundesregierung Jugendbeschäftigungsoffensiven geschnürt, was an sich sehr positiv ist.

Aus diesen Gründen stelle ich einmal mehr die Forderung auf, daß der Gesetzgeber nicht engmaschige Gesetze schnürt, sondern die Rahmenbedingungen so gestaltet, daß die Freiheit des einzelnen größtmöglich gewahrt wird. Außerdem besteht mehr denn je die Notwendigkeit, bei Gesetzen darauf zu achten, ob sie der praktischen Durchführbarkeit standhalten, und die Gesetze so zu schreiben, daß sie auch von Laien gelesen werden können.

Die heutige Änderung des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes ist jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es sind noch viele Wünsche der Wirtschaft offen:

Zum Beispiel:

eine generelle Verlängerung der Probezeit,

unter gewissen Bedingungen die Möglichkeit der Auflösung eines Lehrvertrages,

verstärkte Flexibilisierung der wöchentlichen Arbeitszeit der Lehrlinge, vor allem wichtig bei Montage,

weniger, dafür aber praxisgerechte Rechtsvorschriften für die Berufsausbildung,

Möglichkeiten einer praxisorientierten Anlehre für weniger begabte Jugendliche,

finanzielle Entlastung für Lehrbetriebe, um nur einige davon zu nennen. (Bundesrat Payer: Das sind Wünsche an die Unternehmer!) Diese Wünsche dienen letztendlich nicht nur den Unternehmen, sondern auch den Lehrlingen, denn wir sitzen ja alle im selben Boot, und ein Miteinander ist immer noch besser als ein Gegeneinander. (Beifall bei der ÖVP.)

13.46


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