Bundesrat Stenographisches Protokoll 631. Sitzung / Seite 76

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Meine Damen und Herren! Ich möchte natürlich auf einige Ausführungen des Kollegen Drochter zurückkommen, der hier Präsidenten Maderthaner zitiert hat. (Bundesrat Drochter: Steht in der Zeitung!) Lieber Kollege Drochter! Ich möchte nur darauf hinweisen: Kollege Maderthaner hat Lehrlinge ausgebildet zu einem Zeitpunkt, zu dem die OMV keine Lehrlinge mehr ausgebildet hat, obwohl es ein Betrieb ist, der hohe Gewinne ausschüttet, obwohl der Bundeskanzler und ein Staatssekretär aus diesem Betrieb kommen, der die Kaderschmiede der SPÖ ist. Daher möchte ich nicht unbedingt die Klein- und Mittelbetriebe hier erwähnen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kollege Maderthaner hat auch Lehrlinge auf einem Behindertenarbeitsplatz ausgebildet, das muß man auch dazusagen. Bitte, stell das nicht so in den Raum, daß er quasi als Kapitalist dasteht, denn es waren hauptsächlich die Klein- und Mittelbetriebe, die die Lehrlinge ausgebildet haben, und nicht die Großbetriebe, die sich eher von der Lehrlingsausbildung in den letzten Jahren verabschiedet haben. Daher, bitte, rück diese Frage in das richtige Licht! Weil du mehrfach den Präsidenten Maderthaner erwähnt hast, habe ich das sagen müssen. (Bundesrat Drochter: Zweimal!)

Ich glaube, man sollte klarstellen: Es ist uns der erste Schritt mit 1. Juli gelungen, es ist uns gelungen, vieles durchzubringen, die Lehrlingsausbildung für den Lehrherrn wieder attraktiver zu gestalten. Es war auch notwendig, eine EU-Richtlinie über den Jugendarbeiterschutz durchzusetzen, nur, die Österreicher sind manchmal päpstlicher als der Papst. Wir haben in dieser Novelle bei dieser Frage mehr als über das Ziel geschossen. Ich möchte hier Franz Joseph Strauß zitieren, der einmal erwähnt hat, daß die Deutschen Musterknaben in der Umsetzung von EU-Richtlinien sind, und er meinte zu den Umsetzungen in Europa: In Brüssel werden Gesetze gemacht, in Frankreich werden sie aufmerksam gelesen, in Italien in den Papierkorb geworfen und in Deutschland zu 200 Prozent vollzogen. – So ungefähr gilt das auch für Österreich, wenn ich an die Evaluierungsbestimmungen denke und wenn ich an dieses Gesetz denke, das wir gerade wieder novellieren.

Meine Damen und Herren! Kollege Drochter hat in diesem Fall objektiv erwähnt, daß es gerade für Klein- und Mittelbetriebe, für Bäcker, für Konditoren, für Fleischhauer, die den Lehrling natürlich am Samstag vormittag brauchen, weil sie Frischwaren erzeugen und weil sie dem Kunden Frischwaren anbieten wollen, so gewesen wäre, daß sie nach dieser Regelung die Lehrlinge erst wieder am Dienstag gesehen hätten. Und wenn der Montag ein Berufsschultag gewesen wäre, wäre er überhaupt erst am Mittwoch wieder gekommen. Das heißt, der Lehrling wäre überhaupt nicht mehr im Betrieb gewesen, daher gab es ein Aufheulen in dieser Branche.

Ich gebe aber auch zu, daß auch die Branchen nicht unmaßgeblich daran schuld waren, daß das nicht sofort geregelt wurde, weil sie in manchen Bereichen auch geschlafen haben. Das gebe ich offen zu. Das heißt, man hätte vielleicht, wenn man sich intensiver mit dieser Frage beschäftigt hätte, schon früher eine Lösung zustande bringen können.

Aber dieses Thema ist natürlich auch Anlaß, grundsätzlich über das duale Ausbildungssystem in Österreich zu diskutieren, und ich möchte schon sagen, wir können stolz darauf sein, daß wir dieses duale Ausbildungssystem haben. Mit 4,7 Prozent haben wir eine der niedrigsten Jugendarbeitslosenquoten überhaupt. In Schweden sind es 18,4 Prozent, in Frankreich 24,6 Prozent. Wir haben in Österreich 40 000 Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, es werden derzeit rund 120 000 Lehrlinge ausgebildet. Und wichtig ist – und das hat auch Kollege Drochter gesagt –, daß die Tendenz wieder steigend ist. Aber diese Tendenz ist nicht allein steigend, weil der Bundeskanzler eine Hotline eingerichtet hat, bei der sich 24, glaube ich, gemeldet haben, sondern weil wir alle miteinander das ganze Umfeld, die Rahmenbedingungen verbessert haben. Nachdem das ganze Lehrlingspaket auf dem Tisch gelegen ist, als es noch nicht beschlossen war, haben wir beziehungsweise der Wirtschaftsbund eine Umfrage gemacht, bei der sich gleich 3 000 Betriebe bereit erklärt haben, zusätzliche Lehrlinge aufzunehmen – in Niederösterreich waren es um die 800. Ich bin eigentlich stolz darauf, daß wir derzeit um mehr als 200 Lehrverträge mehr in Niederösterreich haben als im heurigen Jahr. (Beifall bei der ÖVP.) Es sind im vergangenen Jahr 6 864 Lehrverträge abgeschlossen worden, um 3,5 Prozent insgesamt mehr.


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