Bundesrat Stenographisches Protokoll 631. Sitzung / Seite 84

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Der grundlegende, weltweite Umbruch der Machtverhältnisse, der Zusammenbruch des Kommunismus und der Sieg von Freiheit, Demokratie und Marktwirtschaft gegen Diktaturen und Einparteienherrschaft ist das Ergebnis einer grundsatztreuen Politik im Rahmen der westlichen Bündnisse. Sie waren gleichermaßen von Festigkeit und Verständigungsbereitschaft gekennzeichnet.

Die soziale Sicherheit befindet sich im Wandel. Es geht darum, in einer arbeitsteiligen Gesellschaft menschenwürdig zu leben. Ein menschenwürdiges Leben ist nach christlichen und sozialen Maßstäben in einer arbeitsteiligen, leistungsorientierten Industriegesellschaft ohne ein ausreichendes soziales Sicherungssystem nicht denkbar. Soziale Sicherheit ist das Fundament für Menschlichkeit und für ein hohes Maß an Freiheit und Stabilität der Gesellschaft. Sozialpolitik muß den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel nach den Prinzipien der Gerechtigkeit und Humanität gestalten. Die sozialen Verhältnisse in einem Staat sind Spiegelbild und Gradmesser für die Mitmenschlichkeit einer Gesellschaft.

Die Sozialpolitik gibt auch Sicherheit im gesellschaftlichen Wandel. Fundament unserer fortschrittlichen sozialen Ordnung ist die soziale Marktwirtschaft. Sie verknüpft wirtschaftliche Stabilität mit sozialer Sicherheit. Eine leistungsfähige Wirtschaft ist die Grundlage aller Sozialleistungen. Aber nur eine gute Sozialpolitik kann sozialen Frieden, der das Fundament wirtschaftlicher Stabilität ist, schaffen. Beides muß auch für den künftigen Wirtschafts- und Sozialraum Europa gelten. Deswegen auch mein Ja zur Europäischen Union und zum Euro sowie auch zu einer koordinierten, grenzüberschreitenden Sozialpolitik.

Zur Sozialpolitik im Spannungsfeld von Freiheit und Verantwortung, Leistungsbereitschaft und Solidarität! Die Grundprinzipien unserer Gesellschaft und Sozialpolitik sind christliche Grundwerte: Personalität, Solidarität und Subsidiarität. Sie haben sich bewährt, denn sie waren Leitlinien für den Weg von der Armutsgesellschaft des letzten Jahrhunderts zum modernen Sozialstaat in der freien Welt.

In der Europäischen Union haben die Menschen volle Freizügigkeit. Eine sozialpolitische Aufgabe der Zukunft ist es deshalb, Europa als Sozialraum zu gestalten, dafür müssen nach meiner Auffassung die gleichen allgemeingültigen Grundsätze gelten. Freiheit, Gerechtigkeit, Eigenverantwortung, Solidarität und Subsidiarität sind Werte ohne Grenzen. Das gilt für Kroatien und Norwegen, aber auch für Chile, das Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte mit Europa, im speziellen mit Spanien, verbindet.

Damit ist auch die EU in diesen Ländern nahe. Denken wir an Kroatien, das jahrhundertelang eine gemeinsame Geschichte mit uns Österreichern hatte – die Hauptstadt Kroatiens, Agram – Zagreb, ist von meiner Hauptstadt Graz gleich weit entfernt wie Wien, rein von der Distanz her, aber es ist auch ein sehr langes Zusammengehörigkeitsgefühl vorhanden – und in die Europäische Union will. Auch in Norwegen gab es nicht nur die Wikinger, sondern auch eine große skandinavische, europäische Tradition, und Chile ist, wie schon gesagt, durch Jahrhunderte mit Europa verbunden, dort leben auch permanent mehr als 1 000 Österreicher.

Die Abkommen über soziale Sicherheit mit Norwegen, Kroatien und Chile sind nötig und positiv. Meine Partei, die ÖVP, wird deshalb den Abkommen zustimmen. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.56

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich weiters Herr Bundesrat Wolfgang Hager. Ich erteile es ihm.

14.56

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Drei internationale Abkommen über soziale Sicherheit, durch die die Kranken-, die Pensions- und die Arbeitslosenversicherung von Personen und ihren Familienangehörigen, die ihr Erwerbsleben in Österreich und in einem anderen Land verbracht haben, geregelt werden sollen, liegen nun zur Beratung vor.


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