Bundesrat Stenographisches Protokoll 631. Sitzung / Seite 97

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15.48

Bundesrat Alfred Gerstl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Änderung im Umsatzsteuergesetz 1994 wird im Zusammenhang mit der seit Juli 1997 verfügten Beschränkung der Einfuhr von steuerbefreiten Tabakwaren aus Nicht-EU-Ländern einen wettbewerbsverzerrenden Zustand beseitigen, der dem österreichischen Staat bisher über 20 Milliarden Schilling Verlust an Einnahmen allein aus der Tabak- und Mehrwertsteuer zufügte, aber darüber hinaus auch einen Verlust an Einnahmen aus Einkommen- und Lohnsteuer aus dem Einzel- und Großhandel, aber auch Steuerverluste aus der Industrie.

Nun werden hunderte Trafikanten knapp vor dem endgültigen Ruin bewahrt, unter ihnen zahlreiche Trafikanten, die, als Behinderte bevorzugt, ihre Existenz als Trafikanten aufbauen konnten. Damit wird dieser Akt auch als eine sozialpolitische Leistung beurteilt werden müssen.

Natürlich soll den Trafikanten, die im Zuge der Mehrwertsteuererhöhungen von 16 Prozent auf 18 Prozent und dann auf 20 Prozent und durch die letzte Spannenregelung auch eine ungerechte Handelsspannenkürzung von 16,42 bis auf 14 Prozent, ohne Mehrwertsteuer, erlitten haben – die Anhebung der Handelsspanne um 2 Prozent ist noch offen –, eine dem Berufsstand, ihrer Leistung und ihrer Funktion einigermaßen entsprechende Verdienstmöglichkeit zugestanden werden.

Ich möchte aber nicht versäumen, Herrn Bundesminister Edlinger den Dank dafür auszusprechen, daß mit dieser Regierungsvorlage nicht nur dem Staatssäckel gedient wird und die existentielle Absicherung von 50 000 Österreichern wieder möglich wurde (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel ) , sondern auch eine große gesundheitspolitische Tat gesetzt wird, haben doch die Billigzigaretten aus den Duty-free-Shops die Jugendlichen zum stärkeren, übermäßigen Rauchen animiert.

Wäre die Verabschiedung dieses Gesetzes nicht möglich, so wäre sicherlich das bestkontrollierbare österreichische Tabakwareneinzelhandelssystem zugrunde gerichtet worden, und damit könnten mit diesem auch künftig kaum gesundheitspolitische Zielsetzungen zum Tragen gebracht werden, wie zum Beispiel in Frankreich, wo der Verkauf aus Automaten verboten wurde, damit Jugendliche keinen Zugriff haben, oder wie in der EU, wo man davon spricht, daß eine Verkaufsstelle für 1 000 Personen genügt und eine Beschränkung der Öffnungszeiten auf 50 Stunden wöchentlich vorzusehen ist. Aber das ist Angelegenheit der Gesundheitspolitiker, der Verantwortlichen für die Gesundheitspolitik.

Vor sechs Jahren habe ich schon über Weichenstellung des damaligen Präsidenten Sloweniens Peterle in Ljubljana bei den zuständigen Behörden vorgesprochen und mir dabei kein Blatt vor den Mund genommen, daß die Duty-free-Shops an den Grenzübergängen gegen die Richtlinien des Brüsseler Zollfreiabkommens verstoßen.

Ich sagte auch, daß dies meine Annahme bestärkt, daß der Bruderkrieg in Jugoslawien nicht durch eine lautere Besinnung zur Förderung regionaler und nationaler Identität ausgebrochen sei, sondern von einigen wenigen Gestrigen geschürt wurde, die eine überwunden geglaubte Ideologie vor ihren Karren gespannt haben, um mit falsch verstandenem Nationalismus ihre Vorteile buchen zu können. Mein Beweis dafür: Präsident Tudjman sagt: Gott sei Dank, daß meine Gattin keine Jüdin oder Serbin ist.

In einem vereinten Europa der Vaterländer, zu dem wir uns bekennen, müssen alle Staaten nicht nur Vorleistungen erbringen, sondern auch untereinander Solidarität beweisen. Ein solches Zeichen wäre daher der sofortige Abbau aller Duty-free-Shops an den Grenzen Österreichs und die Angleichung der Verbrauchersteuersätze an das EU-Niveau. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

15.53

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hager. – Bitte.


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