Bundesrat Stenographisches Protokoll 632. Sitzung / Seite 50

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Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Volksanwältin Korosec! Sehr geehrte Frau Volksanwältin Messner! Sehr geehrter Herr Volksanwalt Schender! Hohes Haus! Der vorliegende Bericht der Volksanwaltschaft, der erste vor dem Bundesrat, bietet zweifellos keinen Anlaß zur Kritik, auch nicht zur Kritik seitens der Oppositionspartei, enthält er doch Anforderungen an die Gesetzgebung und damit vornehmlich an die sie tragende parlamentarische Mehrheit, die weithin mit der rechtspolitischen Kritik der Opposition übereinstimmen.

Meine Fraktion hatte zunächst – das will ich offen zugestehen – Probleme damit, ob sie den vorliegenden Bericht zustimmend zur Kenntnis nehmen soll und kann. In bezug auf sonstige Berichte – in der Regel von Bundesministerien – hatten wir nämlich die Übung, sie dann nicht zur Kenntnis zu nehmen, wenn wir den gesellschaftspolitischen Gegebenheiten und Auswirkungen nicht zustimmen konnten, die dem entsprechenden Ressort und den von ihm getroffenen oder vielfach unterlassenen Maßnahmen zuzuordnen waren – und das unabhängig davon, ob der Bericht inhaltlich korrekt und formell sorgfältig erstellt worden war.

In bezug auf den uns heute vorliegenden Bericht der Volksanwaltschaft für das Jahr 1997 können wir erfreulicherweise ausschließlich Positives festhalten. Er ist äußerst präzise und aufschlußreich und vom sachlichen Niveau her höchst anspruchsvoll erstellt. Auch ich darf mich dafür namens meiner Fraktion sowohl bei den Volksanwälten als auch bei ihren Mitarbeitern ganz herzlich bedanken.

Nicht minder aber entspricht er in weiten Teilen unseren kritischen Überlegungen zu den Defiziten in der Legislative wie auch in der Exekutive. Wenn wir zunächst geneigt waren, diesem Bericht unsere Zustimmung zu versagen, so waren wir allzu sehr an den unbefriedigenden Zuständen orientiert, wie sie gerade auch dieser Bericht aufzeigt. Bei näherer Betrachtung mußten wir allerdings feststellen, daß hier keineswegs dasselbe gilt wie bei vielen Berichten aus bestimmten Ressorts, ganz im Gegenteil: Die Volksanwaltschaft, die sozusagen an der Front nicht funktionierenden sozialen Zusammenlebens und von Defiziten der Gesetzgebung oder des Vollzugs der Gesetze steht, hat gerade aus ihren kritischen Befunden und negativen Erfahrungen heraus immer wieder entsprechende legistische Vorhaben und Veränderungen angeregt.

Wenn diesen in aller Regel höchstberechtigten Anliegen vom Parlament vielfach nicht entsprochen worden ist, so kann dies nicht der Volksanwaltschaft zugerechnet werden. Wir werden daher ihrem höchstprofessionellen und für die Rechtsreform äußerst anregenden Bericht im Ergebnis gerne zustimmen – dies ungeachtet des negativen Gesamtbefundes, der aber gerade der Volksanwaltschaft nicht vorzuwerfen ist. Wenn ich daher dennoch Kritik übe, so zielt diese allein auf den Gesetzgeber ab, der seine Aufgaben vernachlässigt. Gewiß mag es das Bild der realen Gegebenheiten verzerren, wenn zunächst der Eindruck entstehen mag, daß die Anregungen der Volksanwaltschaft für legislativpolitische Änderungen der Rechtslage weit überwiegend nicht umgesetzt worden sind. Denn – das wurde auch schon von meinen Vorrednern betont – über die Jahresberichte hinweg werden wohl nur die nicht erfüllten Desiderate weitergeschleppt, während die aufgegriffenen Vorschläge nicht mehr länger aufscheinen.

Selbst unter Berücksichtigung dieser erfolgten Rechtsänderungen, die der Volksanwaltschaft zu verdanken sind, verbleibt aber immer noch ein erhebliches Regelungsdefizit. Erlauben Sie mir die Hervorhebung bloß einzelner wesentlicher Vorschläge, die bis heute keine Umsetzung erfahren haben.

Vor allem möchte ich – wie schon mein Kollege Dr. Tremmel – die bereits im zweiten Jahresbericht geforderte Verbesserung der Rechtsstellung von Verbrechensopfern, das heißt der Gewährleistung von Hilfeleistungen an sie, erwähnen. Bis heute besteht lediglich ein Billigkeitsanspruch, der die Hinterbliebenen der Ermessensbeurteilung aussetzt, ob etwa der Unfall eines öffentlich Bediensteten auf Eigenverschulden beruht oder nicht. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)


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