Bundesrat Stenographisches Protokoll 632. Sitzung / Seite 57

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vergessen Sie nicht: Es ist gar nicht so, daß wir in all den Fällen immer den Beschwerdeführern recht geben. Nur etwa 16 Prozent der Beschwerden sind berechtigt. In diesen Fällen von berechtigten Beschwerden allerdings können die Volksanwälte in 80 bis 90 Prozent der Fälle durchsetzen und erreichen, daß die Behörden ihre Entscheidungen rückgängig machen und durch rechtsrichtige ersetzen. Hier haben wir eine enorm hohe Erfolgsquote.

Bei den restlichen Beschwerdeführern, die sich nichtberechtigterweise über eine Behördenentscheidung beschwert haben, leisten wir auch und nicht zuletzt im Interesse der österreichischen Verwaltung eine enorme Aufklärungs- und Informationsarbeit. Wir erklären dem Bürger, warum der Bürgermeister, der Gemeinderat, die Landesregierung, das Ministerium so entscheiden mußte, wie sie entschieden haben, warum es korrekt war, so entschieden zu haben, und warum es sogar ungesetzlich gewesen wäre, anders zu entscheiden.

Wir begründen also in fünf von sechs Fällen den Bürgern gegenüber ausführlich, warum die Behörde so entschieden hat. Die meisten dieser Beschwerdeführer sagen nachher zu uns: Jetzt kenne ich mich endlich aus, jetzt weiß ich wenigstens, warum ich eine solch hohe Kanalanschlußgebühr bezahlen muß, warum die Behörde so entschieden hat. Jetzt kann ich wieder ruhig schlafen! – Das sagen uns viele.

Meine Damen und Herren! Diesen ruhigen Schlaf müssen sie sich ab jetzt beim Bezirksrichter holen. Daß die Leute zum Bezirksrichter gehen und dort über die Kanalgebühr eine Klage führen werden, das wage ich zu bezweifeln. Hier, so glaube ich, hofft man zu Recht, daß es die Leute scheuen werden, ihr vermeintliches Recht einzuklagen. Sie werden davor zurückscheuen, sich beschweren zu gehen. Das ist vielleicht für die ausgegliederten Rechtsträger angenehm, aber, meine Damen und Herren, ob es bürgerfreundlich ist, so mit den hilfesuchenden Bürgern zu verfahren, wage ich denn doch sehr stark zu bezweifeln.

Meine Damen und Herren! Es wird immer gesagt, es gehe einfach nicht – der Herr Bundesminister für Finanzen hat uns das auch sinngemäß mitgeteilt –, es sei nicht möglich, diese ausgegliederten Rechtsträger durch die Volksanwaltschaft überprüfen zu lassen.

Es gibt einen Präzedenzfall, nämlich das Arbeitsmarktservice. Man hat es für notwendig und richtig erkannt, über Vorschlag der Volksanwaltschaft und Antrag das Arbeitsmarktservice weiterhin, obwohl es ausgegliedert worden ist, der Kontrolle durch die Volksanwaltschaft zu unterwerfen. Das funktioniert – ohne Frau Kollegin Messner vorgreifen zu wollen – klaglos. Hätte man damals im Nationalrat nicht beschlossen, diesen Bereich auch einer Kontrolle zu unterwerfen, würden all die Beschwerden über das Arbeitsmarktservice nicht möglich sein. Also ist es auch für andere Rechtsbereiche möglich, diese ausgegliederten Betriebe der Überprüfung durch die Volksanwaltschaft zu unterstellen.

Es wurde auch von der Fristsetzung von vier Wochen gesprochen, die wir beantragt und gegenüber dem Nationalrat vorgeschlagen haben. Dieser Wunsch wurde uns nicht gewährt. Man hätte uns allerdings – das muß ich gerechterweise sagen – angeboten, eine Frist in der Bundesverfassung zu verankern, und zwar eine 12wöchige Frist. Dazu haben wir alle drei einmütig gebeten, von dieser Begünstigung Abstand zu nehmen, denn eine 12wöchige Beantwortungsfrist durch die Behörden im Gesetz zu verankern, hieße, eine wesentliche Verschlechterung der jetzigen Situation herbeizuführen.

Denn jetzt wird uns üblicherweise nach zwischen vier, sechs und acht Wochen geantwortet. Nur manche wenige – ich sage jetzt: Gott sei Dank wenige – glauben, für sich in Anspruch nehmen zu dürfen, daß sie sich 8, 12, 14 Monate lang zur Beantwortung von Anfragen der Volksanwaltschaft Zeit lassen können. Jene wollten wir durch eine gesetzliche Verankerung dieser Fristen durch den Nationalrat quasi unter Druck setzen können. Leider hat man uns diese Möglichkeit verwehrt.

Herr Bundesrat Meier hat sich sehr positiv zu unseren Wünsche geäußert. Ich darf mich bedanken, Herr Bundesrat! Er hat auch die Teilnahme der Volksanwälte an den Ausschüssen des Bundesrat sehr positiv bewertet, wofür ich mich auch sehr herzlich bedanke. Vielleicht könnte


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