Bundesrat Stenographisches Protokoll 632. Sitzung / Seite 128

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reich der landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukte von entsprechenden Gegenleistungen – Marktöffnung für diese Waren auch in den Beitrittsländern – abhängig zu machen.

Wir haben in unserer Entschließung sehr großes Augenmerk auf den letzten Punkt gelegt – ich möchte das auch unterstützen, um nicht mißverstanden zu werden –, nämlich auf die Sicherung der Arbeitsplätze auf dem Bauernhof. Ich meine aber, daß ebendiese Sicherheit auch jenen Kolleginnen und Kollegen zu gewähren ist, die in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie beschäftigt sind. Ich glaube, wir sollten nicht solche Unterschiede machen, weil sie zu viel Unmut und Mißverständnissen führen könnten.

Es seien mir noch einige Anmerkungen zur Struktur- und Regionalpolitik erlaubt. Ich glaube, daß eine besondere Förderung für jene österreichischen Regionen vorzusehen ist, deren Entfernung weniger als 100 Kilometer zu einem der neu beitretenden Länder ist. Dies sollte nicht als Kritik, sondern als Wunsch aufgefaßt werden. Es sollte ein österreichisches und ein EU-Programm sein.

Falls in anderen Nettozahlerstaaten Ziel-1-Gebiete erhalten bleiben, darf auch dem Burgenland dieses nicht aberkannt werden. Das muß eine ganz konkrete Forderung sein.

Eine grundlegende Reform der gegenwärtigen Ziel-1-Länder- und Kohäsionsstaatenförderung in Richtung einer nachhaltigen ökologischen und beschäftigungspolitischen Entwicklung ist unbedingt erforderlich.

Auch als Nichtbauer erlaube ich mir, zur Agrarpolitik die eine oder andere Anmerkung zu machen. Kollege Waldhäusl! Die Nettozahlerposition Österreichs verschlechtert sich aufgrund der vorgeschlagenen Maßnahmen der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik auch ohne Erweiterung nach Ost- und Mitteleuropa. Wir schlagen daher eine Senkung der Agrarleitlinie vor. Ganz besonders sollten Förderungsmittel für Arbeitsplatzmaßnahmen im ländlichen Bereich eingesetzt werden. (Bundesrat Waldhäusl: Steht das auch im Antrag?) – Das steht in der "Agenda 2000", Kollege Waldhäusl! Ich will nicht den Dialog mit Ihnen führen und Sie fragen, ob Sie die "Agenda 2000" kennen. Wenn Sie sie haben wollen, stelle ich sie Ihnen gerne zur Verfügung. (Bundesrat Waldhäusl: Ihr habt einen Entschließungsantrag eingebracht!) Herr Kollege! Ich spreche zur "Agenda 2000", das ist der Entschließungsantrag. Sie könnten ihn lesen, es steht in den ersten drei Zeilen. Ich gehe davon aus, daß Sie des Lesens mächtig sind.

Einzelne Mitgliedsstaaten müßten daher entsprechend ihrem ausgewiesenen Bruttoinlandsprodukt, wie zum Beispiel Dänemark, sowie unter Berücksichtigung ihres realen Bruttoinlandsproduktes – informeller Sektor, zum Beispiel Italien – stärker zur Finanzierung herangezogen werden.

Durch größere Umschichtungen im EU-Haushalt – Agrarbudget, Eindämmung der betrieblichen Förderlizitation, Reduktion der Förderung für Straßenbau, Vereinfachung der Prozeduren – müßten mehr Mittel für beschäftigungswirksame Maßnahmen freiwerden.

Es sei mir erlaubt, auf eine ganz gefährliche Tendenz in den Mitgliedsstaaten, aber auch in den Beitrittsländern hinzuweisen. Im Bereich der direkten Steuern werden sogenannte Steueroasen errichtet, um sich so erhebliche Vorteile im ohnehin scharfen Standortwettbewerb zu verschaffen. Ich glaube, diese müßten unterbunden werden.

Ich habe mir erlaubt, zur gemeinsamen Entschließung von SPÖ und ÖVP einige kritische Anmerkungen zu machen. Ich konnte den Ausführungen von Kollegin Ramsbacher von der Freiheitlichen Partei nur lauschen. Mir liegt ihr Entschließungsantrag schriftlich nicht vor.

Ich habe aber die dringliche Anfrage der Freiheitlichen Partei, die gestern im Nationalrat behandelt worden ist, zur Hand genommen. Viele Punkte aus der dringlichen Anfrage sind auch im Entschließungsantrag enthalten. Ich muß auch darauf hinweisen, daß die Bundesräte der FPÖ eine gute Abschreibübung gemacht haben, indem sie Stellungnahmen des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Bundesarbeitskammer kopiert haben. Dies sind die wertvolleren Teile Ihrer Entschließung, die auch zu realisieren sind.


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