Bundesrat Stenographisches Protokoll 632. Sitzung / Seite 140

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ersucht, konkrete Maßnahmen zu setzen, und zwar Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen mittels Maßnahmen, die Ihnen Kollegin Ramsbacher aufgezählt hat.

Wie steht man jetzt zu diesen Gedanken in der EU? – Abgesehen davon, daß Gewerkschaftsvertreter nach Luxemburg gejettet sind, um dort zu demonstrieren, darf ich Ihnen hier folgendes vorhalten: Die Arbeitslosigkeit in den 15 EU-Mitgliedstaaten mit 18 Millionen Arbeitslosen ist unannehmbar hoch. Dennoch ist die Tendenz steigend.

Ein in den Amsterdamer Vertrag aufgenommenes Beschäftigungskapitel kommentiert Jean-Claude Juncker als Worthülse und stellt fest, daß alle bisher verabredeten Beschäftigungsinitiativen in Essen, in Madrid, in Turin, in Florenz und in Dublin nichts gebracht haben. Die Beschäftigungspolitik, so meinte er, sei in erster Linie nationale Aufgabe. Andere maßgebliche Politiker sagen das auch, etwa in Deutschland. "Zu glauben, daß es jetzt dieser luxemburgischen Ratspräsidentschaft gelingen könnte, bis zum Oktober oder Dezember eine geniale Beschäftigungsstrategie zu entwerfen, wäre engelhafter Optimismus." – "Spiegel" Nr. 27/1997.

Oder: Die hohe Erwartungshaltung an die EU-Strukturfonds, mit einem neuen horizontalen Ziel Nummer drei Arbeitsplätze zu schaffen, erscheint als übertrieben. Der Präsident des Europäischen Rechnungshofes Bernhard Friedmann resümiert: Viel Geld, doch keine Jobs! Friedmann stellt fest: Mit Mitteln der Strukturfonds hätten seit 1989 etwa 6 Millionen Arbeitsplätze entstehen müssen. Diese Arbeitsplätze kann ich nirgendwo entdecken. Friedmann adaptiert darüber hinaus die Position der freiheitlichen Agrarpolitiker, wenn er erklärt: Wenn die Mitglieder einen Teil der direkten Beihilfen, Herr Kollege Penz, selbst tragen, beeinflußt dies auch die Zahlungen der Nationalstaaten an die EU, die ihre EU-Beiträge um diese Summe reduzieren wollen. – "Focus" Nr. 31/1997.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie heute in einem weiteren Punkt Ihres Entschließungsantrages erklären, sich bei den Verhandlungen über die "Agenda 2000" dafür einzusetzen, daß die vorgesehenen EU-internen Reformmaßnahmen nicht zu einer Verschlechterung der Nettozahlerposition Österreichs führen, so kann ich Ihnen dazu sagen: Entweder haben Sie die Vorausschau Ihres Finanzministers Edlinger nicht gelesen, der gesagt hat, bis zum Jahr 2004 wird sich der Nettozahlbeitrag Österreichs von 13 Milliarden Schilling auf 27 Milliarden Schilling erhöhen, oder Sie sagen hier bewußt die Unwahrheit, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz. )  – Herr Kollege Penz! Sie können sich dann noch einmal zu Wort melden. (Bundesrat Ing. Penz: Das hat Ihnen Dr. Schüssel erklärt! Unter der Voraussetzung, daß die Agenda so umgesetzt wird!) Ja, ich habe es Ihnen erklärt.

Ich habe Ihnen erklärt, Herr Kollege Penz, was in Ihrem Entschließungsantrag steht: sich bei den Verhandlungen über die "Agenda 2000" dafür einzusetzen, daß die vorgesehenen EU-internen Reformmaßnahmen nicht zu einer Verschlechterung der Nettozahlerposition Österreichs führen. Das haben Sie ganz eindeutig ausgedrückt. Entweder kennen Sie das nicht, was der Finanzminister gesagt hat, oder Sie wollen es nicht kennen, oder Sie verschweigen es!

Ich sehe die gleiche Situation wie bei den EU-Begleitgesetzen. Sie schlittern mit einem durchaus gutgemeinten Entschließungsantrag in eine Situation, aus der wir, Österreich insgesamt, möglicherweise nicht mehr herauskommen.

Zum Schluß noch zur Osterweiterung. Niemand möchte irgend jemanden ausschließen, aber es ist die Realität zu berücksichtigen. Und die Realität sieht wie folgt aus: Mit der geplanten Osterweiterung wird die Bevölkerung um mehr als ein Viertel auf nahezu 500 Millionen anwachsen (Bundesrat Kone#ny: Haben Sie dasselbe Manuskript wie Kollegin Ramsbacher?)  – Herr Kollege, hören Sie nur kurz zu, bitte! –, das Gesamt-BIP jedoch nur auf knapp 5 Prozent. Das müssen wir bezahlen, bitte! Irgendwer muß es bezahlen, wenn Sie schon die Nettozahlposition Österreichs nicht verringern wollen.

Die demographische Struktur der Union wird sich in den kommenden 25 Jahren dramatisch verändern. So wird die Zahl derjenigen, die über 60 Jahre alt sind, um 37 Millionen zunehmen, während die erwerbstätige Bevölkerung um 13 Millionen sinkt. Damit werden auch die Renten-


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