Bundesrat Stenographisches Protokoll 633. Sitzung / Seite 24

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kainz. – Bitte.

10.09

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es ist heute im Zusammenhang mit der Tagesordnung der Prozeß der Beschlußfassung des heutigen Sozialrechts-Änderungsgesetzes so dargestellt worden, als hätte er nicht stattgefunden, als wären wir heute mit einer Materie befaßt, mit der wir uns nicht bereits monatelang auseinandergesetzt haben.

Ich muß hinzufügen, daß diese monatelange Auseinandersetzung eine Auseinandersetzung war, die ich mir anders gewünscht hätte und die ich mir auch als Gewerkschafterin anders gewünscht hätte, denn sie ist zeitweise doch an die Grenzen dessen gegangen, was noch Konsensfähigkeit bedeutet. Ich hoffe, daß solch schwierige Materien in Zukunft so abgehandelt werden können, daß sie weniger – sagen wir das so – hinterlassen. Ich glaube, es wird jetzt in einigen Bereichen notwendig sein, das aufzuarbeiten, was mit dieser Art der Diskussion – nicht mit den notwendigen Inhalten, sondern mit der Art der Diskussion – doch an Vertrauensverlust eingetreten ist.

Ein Teil dieser Materie im Sozialrechts-Änderungsgesetz ist die Pensionsreform, und ich glaube, das war auch der Mittelteil und das Herzstück dieser Diskussion, die streckenweise zu solch emotionellen Situationen, wie wir sie erleben mußten, geführt haben.

Ich möchte einige grundsätzliche Bemerkungen zur Pension und zur gesetzlichen Altersvorsorge machen.

Das Ziel der gesetzlichen Altersvorsorge ist die Sicherung des Lebensstandards jener Menschen, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Dieser Standard hängt natürlich in erster Linie – das ist heute auch schon gesagt worden – vom Volkseinkommen, nämlich von dem, was die Bevölkerung an und für sich erarbeiten kann, ab. Das heißt, eine Grundvoraussetzung, um den Generationenvertrag einhalten zu können, ist, daß wir alles daransetzen, wieder Vollbeschäftigung zu erlangen. Das erfordert aber auch die Einbeziehung aller Einkommen in die Sozialversicherung und die Harmonisierung, die heute auch schon angesprochen wurde. Ich meine, daß man diese Harmonisierung nicht in einem Schritt bewältigen wird, aber die jetzt gesetzten Schritte sind geeignet, eine Gleichwertigkeit herbeizuführen, die dann auch den zukünftigen Dialog unter den betroffenen Gruppen erleichtern wird.

Die Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten – nachdem die Einkommen aus den Werkverträgen bereits eingebunden sind – ist eine dieser Maßnahmen, die hier notwendig geworden sind. Sie bedeutet ein Grundelement sowohl der Sicherung des Systems als auch darüber hinaus die eigenständige Alterssicherung der betroffenen Gruppe. Das ist eine Maßnahme, die auch im Bereich des ÖGB viele Jahre diskutiert und vehement gefordert wurde und die in erster Linie – darauf werde ich noch hinweisen – die Frauen trifft.

Es gibt in diesem Zusammenhang sicher einige Für und Wider. Es ist uns durchaus bewußt, daß aus dieser Einbeziehung auch Leistungen zu entstehen haben und damit das System auch wieder Ausschüttungen vorzunehmen hat. Dennoch glaube ich, daß das ein ganz grundsätzlicher Schritt war.

Ich habe auf die Vollbeschäftigung hingewiesen. Wenn wir von Vollbeschäftigung reden, darf nicht übersehen werden, daß sich das nicht nur auf die männlichen Erwerbstätigen unseres Landes beziehen kann, denn unser Sozialversicherungssystem kann nicht nur von einer Hälfte der Beschäftigten getragen werden, wenn es auch für die Zukunft tragfähig sein soll. Das heißt, daß auch die weibliche Hälfte der Bevölkerung im Erwerbsleben Absicherung finden muß. Es muß damit sichergestellt werden, daß auch Frauen den entsprechenden Zugang zum Arbeitsmarkt haben und alle Voraussetzungen erwerben können, die dazu notwendig sind – ich möchte hier nur ein Faktum anführen: die Frage der Ausbildung und der Qualifikationsmaßnahmen –, es


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