Bundesrat Stenographisches Protokoll 633. Sitzung / Seite 33

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die auch in der Nacht arbeiten wollen, vielleicht weil das familiär nur so möglich ist, nicht arbeiten können. Es ist daher erfreulich, daß durch den Druck von unten wenigstens die Möglichkeit geschaffen wurde, dies kollektivvertraglich zu lösen. Ich danke Ihnen, Frau Ministerin, daß Sie das ermöglicht haben. Dies wurde ja in Vorarlberg von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite schon längst gefordert.

Wir, der Bundesgesetzgeber, geben allerdings dabei nochmals Beschränkungen beziehungsweise Bedingungen vor, und zwar – ich möchte dies mit Zustimmung der Frau Präsidentin wörtlich zitieren – "müssen diese Ausgleichsmaßnahmen für beide Geschlechter gelten, wobei sachliche Differenzierungen zulässig sind. Geeignete Ausgleichsmaßnahmen sind insbesondere Zeitzuschläge für Nachtarbeitsstunden, Zusatzurlaube und zusätzliche Ruhepausen, die über die gesetzlichen Mindestvorschriften hinausgehen, Bereitstellung geeigneter Transportmöglichkeiten und geeigneter Kinderbetreuungseinrichtungen, andere gleichwertige Maßnahmen."

Manchmal habe ich das Gefühl, wir wollen den Menschen dieses Landes vorschreiben, wann und wie sie glücklich sein können. Wo bleibt da die Freiheit des einzelnen Menschen? – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

10.58

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Vorerst möchte ich einmal ein recht herzliches Dankeschön an die Frau Bundesministerin sagen. Ihr ist es gelungen, uns in wenigen Minuten eine sehr umfassende Information über die heute zu beschließende Pensionsreform beziehungsweise über das Nachtarbeitsgesetz zu geben. Ich gehe davon aus, daß dadurch der Informationsmangel der freiheitlichen Bundesräte, der in der Früh beklagt worden ist, abgedeckt wurde.

Kollegin Giesinger hat als Arbeitgebervertreterin natürlich die Interessen der Arbeitgeber vertreten. Ich kann ihr hier vom Rednerpult aus sagen, daß es eine Nachtarbeit zum Nulltarif bisher nicht gegeben hat und auch in der Zukunft nicht geben wird. Und wenn sie fragt, was die Discobesitzerinnen und Discobesitzer machen sollen, dann kann ich nur den Vorschlag machen, einmal zu überlegen, die Diskotheken um 24 Uhr zu sperren.

Ich möchte mit der Nachtarbeit beginnen, weil von den Kolleginnen Ramsbacher und Mühlwerth doch einiges gesagt worden ist, das nicht unwidersprochen bleiben kann.

Ich glaube nicht, daß das ein Zufall war. Ich glaube, daß das dem System der Freiheitlichen Partei entspricht, wie man mit Anliegen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umgeht. Kollegin Mühlwerth hat die Schutzbestimmungen in Frage gestellt, die es heute schon gibt. Sie hat den heute schon verankerten Werksverkehr in Frage gestellt. Sie hat die Kinderbetreuungseinrichtungen in Frage gestellt, die es heute schon gibt. Alle diese Errungenschaften wurden von ihr in Frage gestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was sie gesagt hat, heißt im Klartext nichts anderes als: Die Frauen sollen ohne Schutz, ohne Sicherheit und ohne Obsorgemöglichkeit für ihre Kinder in der Nacht schuften, und das zum Nulltarif. – Ich kann nur sagen: Nein, danke! Für eine solche Politik sind wir sicher nicht zu haben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zum Beweis dafür, daß das nicht vielleicht eine persönliche Fehlleistung der Kollegin Mühlwerth oder der Kollegin Ramsbacher war, darf ich Ihnen zur Kenntnis bringen, was ein freiheitlicher Abgeordneter zum Niederösterreichischen Landtag am 9. Oktober dieses Jahres von sich gegeben hat. Er bezeichnete die Jugend, die Lehrlinge als Läuse, die die Betriebe lahmlegen und prinzipiell arbeitsunwillig sind. Darüber hinaus vermittelt das Arbeitsmarktservice seiner Meinung nach ausschließlich Sozialfälle mit den gleichen Eigenschaften. Für diesen Abgeordneten sind Lehrlingsschutzgesetze nichts anderes als Lehrstellenvernichtungsgesetze.


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