Bundesrat Stenographisches Protokoll 633. Sitzung / Seite 64

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er nachher an die Kinder verteilen soll, der sich jedoch dann mit dem vollen Sack durch das Hintertürl davonstiehlt und die Geschenke nicht austeilt.

Ich kritisiere an diesem Pensionssystem weiters, daß auch gewisse andere Bereiche – nicht nur die Politiker – davon ausgenommen sind wie zum Beispiel die staatliche Stromversorgung oder die Kammern. Die Arbeiterkammer kann es sich aufgrund der Pflichtmitgliedschaft leisten, den Höchstbeitrag von ihren verpflichteten Mitgliedern zu verlangen. Da ich Wirtin bin, schließe ich selbstverständlich unsere Wirtschaftskammer nicht aus.

Ich werde für jahrzehntelanges Arbeiten kaum eine Pension über 10 000 S erhalten. Ich denke an meine vielen alten Kolleginnen, die jetzt, nach 40, 50jähriger Tätigkeit hinter dem Ofen, zwischen 6 000 S und 7 000 S Pension beziehen. Ich glaube, das ist zum Sterben zuviel, aber zum Leben zuwenig.

Diese von mir genannten Beträge gewinnen an Dimension, wenn man bedenkt, daß die Kammerangestellten, die von unseren Beiträgen bezahlt werden – man kann diesen Angestellten nicht oft genug sagen, daß sie unsere teuersten Angestellten sind, weil sie von uns bezahlt werden –, das Drei-, Vier- und Fünffache erhalten.

Ich war bei der Weihnachtsfeier des Zivilinvalidenverbandes, bei der mir eine Pensionistin erklärt hat, sie hätte über 9 000 S Pension gehabt. Da sie zu 80 Prozent Invalide ist, hat sie um einen Invaliditätsbeitrag angesucht, hat über 3 000 S dazubekommen; jetzt bekommt sie nicht einmal mehr 9 000 S, weil sie in eine höhere Bemessungsgrundlage hineingekommen ist und daher mehr abgezogen wird. Dieses System kann nicht gerecht sein, und es ist mir auch unverständlich, daß man mit dem Umlagesystem weiterwurschtelt, anstatt endlich zu einem Versicherungssystem zu kommen, das dem Einzahlenden garantiert, daß ihm seine selbst erarbeiteten Beiträge tatsächlich bleiben.

Wenn Sie auch sagen, die Verteilung sei nicht möglich, so stelle ich mir trotzdem einen Pensionstopf vor, der wohlweislich jederzeit kontrollierbar und vor allem von den gierigen Zugriffen des Staates und der Regierung gesichert ist.

Genau in dieses System der Ungerechtigkeit paßt auch das derzeitige legalisierte System der geringfügig Beschäftigten. In der Gastronomie gab es nie eine geringfügige Beschäftigung, wir mußten, auch wenn nur eine oder zwei Stunden gearbeitet wurden, immer vier Stunden voll versichern und verrechnen. Viel einfacher wäre es doch, wenn für jede Stunde ein Pensionsbeitrag zu leisten wäre. Es wurde Hausfrauen versprochen, daß sie 15 000 S Pension bekommen sollen. – Bitte lassen wir diesen Hausfrauen das langsam ansparen!

Es gibt so viele junge, verheiratete Mütter, die bei ihrem Mann mitsozialversichert sind, die also nur pensionsversicherungspflichtig sind. Wenn diese nur Pensionsversicherungsbeiträge zahlen müßten, also keine Sozialversicherung und keine Arbeitslosenversicherung, weil sie mit ihrem Mann mitversichert sind, so würde uns das allen guttun. Wir könnten die Lohnnebenkosten endgültig senken, wir würden vor allem die Schwarzarbeit eindämmen, und wir könnten die Situation in vielen Gewerbebereichen verbessern, wir könnten Tausende Arbeitsplätze schaffen. (Bundesrat Payer: Wie Sklaven!)  – Nein, das sind keine Sklaven, sondern wir helfen ihnen. Das ist auch ihr Wunsch! Gehen Sie doch einmal hinaus, und fragen Sie einmal nach! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Payer. ) – Sie haben mich falsch verstanden: Wenn eine Hausfrau beziehungsweise junge Mutter um halb neun ihr Kind in den Kindergarten bringt und für zwei Stunden in einem Gastronomiebetrieb putzt, bügelt oder sonst irgendwie helfen kann, dann ist sie sehr wohl befriedigt und kann dann um elf oder halb zwölf ihr Kind wieder abholen. Es ist ihr damit wirklich geholfen, wenn sie das langsam, wenn sie jung ist, ansparen kann. Das können Sie mir glauben!

Wo bleibt denn die jahrzehntelange Wirtschaftspartei, die ÖVP, die unsere Meinungen teilt? – Es geht jetzt nicht um die Meinung einer neuen Funktionärin oder einer neuen Bundesrätin, sondern um die einer Wirtin, die sehr wohl von den Problemen ihrer Kolleginnen weiß.


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